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Channel: Daniel Wüllner – Comicgate
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Währenddessen … (KW 23)

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In der Kolumne „Währenddessen …“ zeigt die Comicgate-Redaktion, was sie sich diese Woche so zu Gemüte geführt hat.

Daniel: Noch nie war der Weltraum so einsam wie im Computerspiel Duskers. Allein vor meiner Computerkonsole sitze ich als letzter Überlebender in einer fernen Zukunft. In dieser Zukunft gleiten herrenlose Raumschiffe durchs Universum. Die Besatzung dieser Schiffe scheint von Irgendwem oder Irgendwas dahingerafft worden zu sein. Um das Rätsel ihres Ablebens zu lösen, docke ich an, betrete die Geisterschiffe – aber weder aus der Ego-Shooter- noch aus Third-Person-Perspektive. Stattdessen schicke ich meine Drohnen vor. Bis zu vier kleine Roboter erkunden die Räume der verlassenen Raumschiffe, sammeln dort Ressourcen und Informationen. Doch ganz verlassen sind die Schiffe nicht … Noch immer bewegt sich etwas. Was das ist, sieht man nur durch die Kameras der Drohnen. Duskers wird zum SciFi-Horror. In der Manier des ersten Alien-Films lebt das Spiel nicht von Action oder tödlichen Spacemonstern, sondern von der Atmosphäre. Mit den einfachsten Mitteln, unheimlichen Geräuschen und plötzlich einsetzender Dunkelheit, versucht das Spiel mich zu verunsichern. Und es klappt. Ich versuche mit meinen Drohnen gegenzusteuern und hacke meine Befehle in die Konsole: „navigate 1 r2“. Nach Eingabe dieses Befehls bewegt sich Drohne eins, nennen wir sie Ethan, Richtung Raum zwei. Ethans Kamera und seine Sensoren zeigen für einen kurzen Moment Raum 2 – bis irgendein Ding auf ihn zuspringt und seine Kamera zerstört. Alles wird wieder in Schwarz getaucht. Nun kann ich überlegen, ob ich Brian, meine zweite Drohne, per Handsteuerung hinterherschicken, um seinen rostigen Kumpel abzuschleppen. Wenn ich mich denn traue …

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Währenddessen … (KW 24)

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In der Kolumne „Währenddessen …“ zeigt die Comicgate-Redaktion, was sie sich diese Woche so zu Gemüte geführt hat.

Daniel:  Kickstarter ist eine feine Sache, um Ideen jeglicher Art zu unterstützen. Ich selbst backe Comics, Computer- und Brettspiele – Money statt Mehl. Leider hatte ich mit den letzten Spielen eher weniger Freude. Das liegt aber nicht an der Produktion oder der Präsentation der Spiele. Die Verarbeitung und die Miniaturen sind großartig, die Kartons besser als die Standardschachteln. Vielmehr liegt es an den Spielen selbst. Der wohl größte Hype und die größte Enttäuschung war Exploding Kittens. Ich mag das Design von The Oatmeal, ich mag den Humor, aber das Spiel ist zum Sterben langweilig. Dafür hätte ich mir bei einer 8.7 Millionen-Kampagne mehr erwartet. Der neuste Kickstarter-Erfolg, den ich selbst nicht finanziell unterstützt habe, heißt Zombicide: Black Plague. Eine Mischung aus Hero Quest und Zombie-Apokalypse. Die sechs Charaktere (man muss immer mit sechs Figuren spielen) erkunden Räume auf einer Karte und müssen mit immer neuen Fantasy-Waffen Horden von Zombies abwehren. Die Zombies werden durch einen Mechanismus gesteuert, der sie immer zum nächsten Spieler führt. Viel Berechenbarkeit. Die Varianz der Zombies ist auch nicht berauschend: Es gibt einen langsamen Zombie, einen schnellen Zombie und einen fetten Zombie. Zum Glück hat das Mittelalterszenario (Zombicide gibt es auch mit Samuraischwertern und Uzis) noch einen Necromancer hinzugefügt. Mit der ersten Erweiterung kommen dann auch Werwolfzombies. Trotzdem ist das Spiel nicht mehr als Bewegen, neue Waffe einsammeln, schießen. Wiederholen. Auch die Vielzahl an neuen Spielfiguren (von Lena bis Braveheart) ändert nichts daran. Leider fehlt auch noch der Kampagnenmodus, bei dem der Fortschritt in die nächste Partie übertragen wird. Aber warum hat die Kickstarter-Kampagne dann so viel Geld eingenommen? Weil die Miniaturen atemberaubend sind. Viel wunderschön gestaltetes Plastik, wenig Spiel. Aber natürlich lehrt mich diese Erfahrung nichts. Ich habe gleich das nächste Projekt unterstützt: The Others: 7 Sins.

Christian:Joystick Ich hab die Nase voll von dieser Welt. Nur noch Terrorismus, Fanatismus, Ausschreitungen, Vorurteile, da hat man auch an einer EM keine Freude mehr. Ich will raus aus der Nummer. Ich will zurück in Mamas Bauch. Weil das nicht geht, hab ich die zweitbeste Lösung gewählt und meinen Retro Competition Pro-Joystick, den ich vor ein paar Jahren zu Weihnachten geschenkt bekam, wieder hervorgekramt. Der Impossibleist mit ein paar feinen 80er-Jahre Games bespielt, zum Beispiel dem immer noch extrem gut spielbaren Impossible Mission. Wer kann sich an diesen Satz noch erinnern: „Another visitor. Stay a while. Staaay forrrrevvver!!“? Da muss man mich nicht zweimal auffordern. Da bleib ich gern ‘ne Weile. Impossible Mission ist eine extrem gut ausbalancierte Mischung aus Action-Game und Puzzle, das einerseits fordernd, gleichzeitig aber extrem gut spielbar und mit genügend Übung und Konzentration auch zu schaffen ist. Im Bild sieht man, wie ich gerade einen Zugangscode finde, um feindliche Roboter für kurze Zeit außer Gefecht zu setzen.

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Währenddessen … (KW 25)

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In der Kolumne „Währenddessen …“ zeigt die Comicgate-Redaktion, was sie sich diese Woche so zu Gemüte geführt hat.

Niklas: Mit The Consuming Shadow schummel ich ein bisschen, da ich es jeden Tag mindestens eine halbe Stunde spiele. Als paranormaler Ermittler reist meine Spielfigur durch Großbritannien und muss eine cthultoide Monstrosität mithilfe eines Rituals innerhalb von 70 (Spiel-)Stunden verbannen. Am Anfang gelingt mir das nicht, weil die Munition knapp und mein virtuelles Ich noch etwas schwach auf der Brust ist. Also starb er. Mehrmals. Irgendwann hatte ich aber den Dreh raus, stieg im Level auf, meisterte die Mechaniken und schaffe die Partie in der erwähnten halben Stunde.The Consuming Shadow Niklas

Dass das Spiel spannend bleibt, liegt daran dass Entwickler Ben „Yathzee“ Croshaw, bekannt aus der Review-Serie Zero Punctuation, sein Spiel als roguelike gestaltet hat. Der ältere Gott, der Zauber, mit dem er verbannt wird, und alle anderen Aspekte werden also vollkommen zufällig bestimmt. Es kann durchaus sein, dass eigentlich starke Figuren mit gebrochenen Beinen und nur einem Lebenspunkt in die Ritualkammer humpeln, um am Ende doch noch zu scheitern, da ich die gesammelten Hinweise falsch gedeutet habe. Dieses andauernde Gefühl der Gefahr macht The Consuming Shadow zu einem richtig guten Horrorspiel, dass mit vier spielbaren Protagonisten und vielen Herausforderungen auch abseits des zufälligen Aufbaus der Level genug Wiederspielwert bietet. Man sollte aber bei der Grafik ein wenig die Augen zudrücken. Die ist nämlich, großzügig ausgedrückt, abseits des Designs der Monster, nur zweckmäßig. Mich stört sie nicht und ich denke, ich spiele gleich noch eine Runde. Gut möglich, dass ich wieder sterbe. Zumindest muss meine Figur dann nicht mehr mitbekommen, wie sich ein hungriger Gott an den Seelen der verdammten Menschheit labt.
PS: Gerade bekommt man The Consuming Shadow für nur fünf Euro auf Steam!

Daniel: Aktuell laufen im Bezahlfernsehen zwei Comicadaptionen: Preacher (Amazon Prime) und Outcast (Sky Go). Ich habe von beide Serien die mittlerweile vier bzw. drei ausgestrahlten Folgen gesehen und glaube mir ein Urteil bilden zu können. Doch dieses Urteil stützt sich nicht auf die Comics, da ich weder Garth Ennis‘ Preacher-Comics noch Robert Kirkmans Outcast-Comics gelesen habe. Was ich schreibe, basiert also nur auf gefährlichem Halbwissen und meiner Unterhaltung vom Fernsehen bzw. Tablet. Von diesem Seheindruck gewinnt ganz klar Outcast. Eigentlich wäre das Setting von Preacher – irgendwo in der Wüste – sehr interessant. Die Figuren sind skurril, die Musik und das Szenenbild passen zu dem, was ich vom Comic weiß. Doch die Serie funktioniert nicht. Es gibt keinen übergreifenden Handlungsbogen, kein Interesse für mich, eine weitere Folge zu gucken, weil ich keinen Antrieb sehe. Ja, Jesse Custer besitzt das WORT GOTTES, und ja, Cassady, der irische Vampir, ist lustig. Aber der Serie fehlt die Motivation.

Ganz anders hingegen Outcast. Die erste Folge gruselt mich. Nein, gleich bei der ersten Szene läuft mir ein Schauer über den Rücken, deshalb bekommt ihr die hier schon zu sehen. Aber es liegt nicht an dem Grusel, sondern an dem inneren Konflikt der beiden Protagonisten. Lustigerweise auch ein Prediger und ein von fremden Mächten Besessener. Scheint eine gute Combo zu sein. In Outcast schickt Robert Kirkman (The Walking Dead) Kyle Barnes, wunderbar deprimierend verkörpert von Patrik Fuget, zurück in das amerikanische Kaff Rome. Im Intro kriecht eine Grauen durch jede Ecke der Gemeinde, aber es sind die Menschen, die dort leben, die die Stadt zum Leben erwachen lassen. Auch Preacher versucht die amerikanische Kleinstadt zu porträtieren, aber die Story ist als Road Movie angelegt. Während das Ensemble sichtlich nicht vorankommt, dringt der Zuschauer bei Outcast Stück für Stück tiefer in die Psyche von Kyle ein.

 

Frauke: Die Spieleschmiede Telltale Games, die uns unter anderem mit ihren cineastischen Umsetzungen zu The Walking Dead und Fable (The Wolf Among Us) begeistert hat (übrigens wie auch bei Niklas‘ Tipp: Im Steam Summer Sale sind sämtliche Telltale-Produktionen bis zum 04.07.16 massiv reduziert, bis zum 01.07.16 ebenso auf gog.com), hat letzte Woche erste Screenshots zu ihrer neuen Comicadaption gezeigt: Wenn Telltale auf seinem hohen Niveau bleibt, wird es diesmal Batman-Fans sehr freuen. Neben den Bildern gibt’s hier im Telltale-Blog noch einige Infos inklusive der Sprecher, der Angabe, dass das Spiel altbewährte fünf Teile umfassen wird und „Ende des Sommers“ die erste Folge erscheinen soll. Der Trailer verrät zwar nix, ist aber schon mal sehr schnieke.

 

Christian: Ein Antiquitätenhändler hat in seiner Vitrine zwei antike Colts aus dem amerikanischen Bürgerkrieg: Nur einer davon ist echt, der andere ist eine Fälschung, die mit modernster Technik produziert und danach auf alt getrimmt wurde. Was, stellt sich die Frage, unterscheidet nun aber tatsächlich den einen Colt vom anderen? Und was bedeutet es für den Besitzer vermeintlicher Antiquitäten, wenn sein ganzer Reichtum und sein ganzer Besitzerstolz auf einer Fälschung beruhen? Ganz offensichtlich projiziert man aber auch in das Original nur seine Wünsche hinein und lädt es mit Bedeutung auf, die schlussendlich nur deswegen real existiert, weil es noch andere Menschen gibt, die an das gleiche Bezugssystem glauben.

Mit solchen Fragen konfrontiert uns Philip K. Dick in seinem famosen Roman The Man in the High Castle (deutsch: Das Orakel vom Berge). Darin verschränkt er oben genanntes, doch etwas spezielle Beispiel mit der großen Frage, was wohl wäre, wenn die Welt, die wir kennen, von Nazis, die den Zweiten Weltkrieg gewonnen haben, nach ihrem eigenen Weltbild umgebaut werden würde. Damit unterscheidet sich K. Dicks Roman fundamental von dem anderen großen Roman, der ebenfalls in einer von Nazis beherrschten Welt spielt, Robert Harris‘ Fatherland, denn gegen Philip K. Dicks Roman wirkt Robert Harris‘ Thriller schon fast etwas hausbacken. (Dennoch gilt auch für Fatherland meine ausdrückliche Leseempfehlung. Spannenderes und dabei kompakteres als Fatherland kriegt man selten zu lesen.)HCS-banner

Philipp K. Dick ist in The Man in the High Castle ein ziemlich gemeiner Erzähler. Anders als andere allwissende Erzähler gibt er uns keine Identifikationsfigur an die Hand, deren Gefühlen und Empfindungen wir vertrauen können. Stattdessen lässt er uns immer nur so viel Information zukommen, dass wir zwar verstehen, was in der Situation geschieht, über das „wahre Wesen“ einer Figur aber lange im Dunklen gelassen werden. Immer wieder verändert sich, sobald sich der Beziehungsrahmen ändert, auch unsere Wahrnehmung sowie das Auftreten einer Figur, mehrere Figuren besitzen auch eine Zweitidentität, so dass der „wahre Kern“ jeder Figur zum Trugbild, ja zum frommen, unerfüllbaren Wunsch wird. Nicht nur hier ähnelt Philip K. Dicks Ansatz dem Gedankengebäude, das Grant Morrison in The Invisibles entwickelt.

Trotzdem gibt es zwischen Dicks Roman und Morrisons Comicserie einen großen Unterschied: In Dicks Parallelwelt haben die Nazis den Krieg gewonnen; deren Ideologie ist bei Dick aber genau so verabscheuungswürdig, wie ich sie selbst empfinde – und auch Dicks Analysen entsprechen meiner Haltung und bereichern diese bisweilen auch. Morrison dagegen stellt meine Überzeugungen auf den Kopf und spielt mit ihnen Fußball. Er wertet, indem er die Terroristen seiner Serie zu Helden stilisiert, das System zum Feind erklärt und jede Verschwörungstheorie zur Wahrheit erklärt, die meisten meiner grundlegenden Empfindungen und Überzeugungen schlichtweg um. Dass er daraus allerdings trotzdem einen der besten Comics der 90er gestrickt hat, ist dann aber doch der Tatsache geschuldet, dass Morrison bei dieser Grundprämisse nicht stehen bleibt, sondern intelligent damit jongliert. Egal was man von Morrison heute halten mag: Mit The Invisibles ist ihm ein Meilenstein in der Geschichte des Autorencomics gelungen. Und er ist nicht nur ein Epigone von Dick, sondern hat dessen Ideen, ganz wie es sein sollte, aufgegriffen und etwas eigenes daraus gemacht. (Mehr über Grant Morrisons Invisibles lässt sich in der Artikelserie vom letzten Jahr nachlesen.)

Frauke: Ich wusste doch beim Colt-Gleichnis des ersten Absatzes, dass ich das irgendwoher kenne …! Ja klar, dann fiel der Groschen. Es hat es nämlich auch in die Fernsehadaption von The Man in the High Castle geschafft, dessen erste Staffel für Amazon Prime produziert wurde. Die gefiel mir echt gut – ohne einen Vergleich zur Romanvorlage ziehen zu können (deutscher Trailer).

Christian: Dafür kann ich keinen Vergleich zur Fernsehserie ziehen. Aber was man bisher von der Serie sieht, macht Lust auf mehr.

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Währenddessen … (KW 27)

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In der Kolumne „Währenddessen …“ zeigt die Comicgate-Redaktion, was sie sich diese Woche so zu Gemüte geführt hat.

Alex: „Der beste Anime seit Akira!“ Ein Claim, der wohl viele Videothekengänger durch die 1990er-Jahr begleitet haben dürfte. Allzu oft konnten dann leider recht enttäuschende Filme diese vollmundige Versprechung nicht erfüllen. Akira hat bis heute seinen Status als Kultfilm erfolgreich verteidigt und genießt den Ruf eines der einflussreichsten Animationsfilme der 1980er-Jahre. Jetzt hat der kanadische Elektroproduzent Bwana dem Soundtrack des Films von Katsuhiro Otomo eine Frischzellenkur verpasst. „Capsule’s Pride“ ist eine Mischung aus der Filmmusik von Shoji Yamashiro und Samples aus der englischen Sprachfassung des Animes. Bwana hat damit nicht nur bewiesen, dass die Postapokalypse durchaus tanzbar sein kann. Vielmehr hat er dazu gleich eine audiovisuelle Inszenierung mitgeliefert, indem er Versatzstücke der Dialoge mit animierten Bildern kombiniert.

Insgesamt sind auf diese Weise für „Capsule’s Pride“ neun Tracks entstanden, die Bwana über LuckyMe kostenfrei zugänglich gemacht hat. Ein kurzer Vergleich zeigt, dass die neuen Stücke insgesamt deutlich an Fahrt gewonnen haben und damit ein actiongeladenes Cyberpunkspektakel in Neo-Tokyo steigen lassen. Da sie gespickt sind mit Zitaten, lohnt der Ausflug zu ihren Ursprüngen: zum Anime und vor allem zum Original Soundtrack, der überraschend gut gealtert ist. Aufgeführt wurden die Stücke durch den Chor Geinoh Yamashirogumi unter der Leitung von Shoji Yamashiro. Der entstandene Original Soundtrack ist ebenso wie Neo-Tokyo ein fragiles Pastiche mit diversen Bruchstellen – hier laut und voll unbändiger Energie der Motorradbande, dort nachdenklich und leise, wenn ätherische Synthesizermelodien die Winde über den Hochhäusern der Metropole nachahmen. Die Kompositionen setzen sich aus grundverschiedenen Einflüssen zusammen, die gerade vor der Zukunftskulisse merkwürdig fremd wirken. Gerade dieser Kontrast steigert aber die Faszination, die von ihnen ausgeht. Traditionelle Instrumente wie das javanische Gamelan treffen auf Synthesizer, dazu vielfältige Chorstimmen: vom Ritualgesang japanischer Buddhisten, dem Shōmyō, über Elemente des balinesischen Tanzdramas Kecak bis hin zu den markerschütternden Gutturallauten des japanischen Nō-Theaters. Nicht zuletzt spiegelt sich darin die seltsame Rätselhaftigkeit von Akira wider, die in Bwanas Bearbeitung gemildert und gefällig rüberkommt.

LR2

Rena Titanon, Volksheldin und Wrestlerin

Christian: Währenddessen lese ich gerade die frühen Love and Rockets-Stories von Jaime Hernandez. Im Gegensatz zu den soeben bei Reprodukt erschienenen Stories sind diese frühen Geschichten wie von einem anderen Stern. Einerseits geht es um das Alltagsleben einiger schräger Mädels, allen voran Maggie the Mechanic, die man aus Speedy kennt, gleichzeitig ist aber alles, was um sie herum passiert, viel größer als die Wirklichkeit: Wenn Maggie zur Arbeit geht, dann ist das stets eine Exkursion ins Unbekannte, beispielsweise um in einer Bananenrepublik ein Raumschiff zu bergen, das im Urwald abgestürzt ist. Ihr nächster Vorgesetzter ist der Superstar unter den Mechanikern, Rand Race, ein sogenannter „Prosolar Mechanic“, dem die Frauen zu Füßen liegen. Außerdem gibt es die schöne Penny Century, die mit Dinosauriern ringt und dabei von H. R. Costigan, dem Milliardär hofiert wird, und Rena Titanon, eine Profi-Wrestlerin, die gleichzeitig auch Aktivistin gegen korrupte Regierungen in Südamerika ist. Das ganze ist abwechselnd schnoddrig oder episch erzählt, machmal sehr lustig, dann mit einem Schlag wieder überraschend ernsthaft und politisch – vor allem aber nie langweilig.

Keine Ahnung, weshalb wir bei uns immer nur diese ernsten, komplexen späteren Stories wie „Der Tod von Speedy“ zu lesen bekommen und nie die frühen, surrealen Episoden. Beim Avant-Verlag klappt’s doch auch mit antiquierter Trash-SF a la Lone Sloane. Aber Reprodukt will Love and Rockets bei uns einfach als alltagsrealistische Graphic Novel vermarkten und blendet die Elemente der Reihe, die dem Realismus der späteren Episoden widersprechen, weitestmöglich aus. Dabei ist die Reihe bis heute untrennbar mit ihren surrealen Wurzeln verstrickt.

Alle Abbildungen: © Fantagraphics Books

Alle Abbildungen: © Fantagraphics Books

Daniel: Währenddessen versuche ich gerade von Atlantis zu entkommen. Ja, Atlantis, die sagenumwobene Insel, die mit all ihrem Reichtum im Meer versunken ist. Ich und einige verfeindete Entdecker greifen gerade noch die letzten Schätze ab als Atlantis untergeht. Im Brettspiel Survive: Escape from Atlantis spielen 2-6 Spieler gegeneinander. Was genau auf der Insel passiert ist und welche Schätze gefunden wurde, weiß man nicht. Denn es geht nur noch ums nackte Überleben. Dazu bewegt man seine Entdecker-Meeple von der Insel auf Boote und schippert sie zu vier sicheren Insel an den Ecken des Spielbretts. Klingt erstmal simpel. Simpel sind die Regeln auch, aber das Brettspiel wird sehr schnell zu einem Kleinkrieg. Wer erreicht zuerst das rettende Boot, wie lang wird auf Mitfahrer gewartet. Und dann warten ja noch Hai, Wale und Seeschlange, die jeder Spiel steuert. Auch wenn bei Survive viele im gleichen Boot sitzen, kommt es auf Diplomatie und Timing an, wann man am besten wieder aussteigt und lieber auf den nächsten Delfin wartet. Dieses Spiel ist nichts für harmonische Menschen, aber sehr wohl für Familien, die Spaß verstehen und gerne mal den anderen kurz vor dem Ziel den Weg abschneiden. Fantastische sind auch die unterschiedlich großen Plättchen, der langsam verschwindenden Insel gestaltet. Es entsteht eine kleine 3D-Landschaft, der es zu entkommen gilt. Survive: Escape from Atlantis (von Stronghold Games) gehört zum Pflichtprogramm für jede Spielsammlung.

Survive

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Währenddessen… (KW 30)

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In der Kolumne „Währenddessen …“ zeigt die Comicgate-Redaktion, was sie sich diese Woche so zu Gemüte geführt hat.

economixAndi: Es hat eine ganze Weile in Anspruch genommen, aber ich habe den umfangreichen Comicband Economix – Wie unsere Wirtschaft funktioniert (oder auch nicht) (Jacoby & Stuart) durch und muss ihn gleich wärmstens weiterempfehlen. An diesem 304-Seiten-Sachbuch zeigt sich für mich mal wieder wie gut die Comicform geeignet ist, um eine anspruchsvolle und trockene Materie anschaulich, unterhaltsam und verständlich aufzubereiten. Autor Michael Goodwin erläutert nicht nur die Wirtschaftsgeschichte und Entwicklung der ökonomischen Theorien vom frühen 19. Jahrhundert an bis heute, sondern vermischt sie mit Analyse und scharfzüngiger Kritik. Der inhaltliche Schwerpunkt liegt zwar auf den USA, aber es gibt viele Exkurse und Bezüge nach Europa und den Rest der Welt und hilfreiche Erläuterungen des Übersetzers. Zudem ist vieles (leider) eins zu eins auf „unsere“ Wirtschaft übertragbar. Dank viel Humors und Dan E. Burrs abwechslungsreicher Bebilderung ist das Ganze auch für einen Laien wie mich (in Lesehäpppchen) sehr gut genieß- und nachvollziehbar. Nicht nur konnte ich noch einige Wissenslücken schließen, sondern mich auch herzhaft über unglaubliche Torheiten, Experimente und Gaunerstücke von Politikern, Wirtschaftskonzernen und Ökonomen erregen – die oft nur möglich waren und sind, weil das Wahlvolk nicht versteht, was vor seinen Augen passiert. Gegen dieses Unverständnis kann dieses Buch erste Abhilfe schaffen und sollte ab dem 10. Schuljahr allgemeine Pflichtlektüre sein.

Niklas: Nostalgie ist ein merkwürdiges Gefühl. Als der Entwickler Obsidian Entertainment sein auf Kickstarter finanziertes Rollenspiel Pillars of Eternity herausbrachte, waren einige Käufer und Backer wirklich enttäuscht. Der Grund: Sie hatten sich dasselbe Erlebnis wie damals zu Zeiten von Baldurs Gate 2 versprochen. Es sollte aber eigentlich klar sein, dass das unmöglich ist. Schließlich müsste man dafür genauso alt sein wie damals, die gleichen Emotionen fühlen. Kurz gesagt: Sich in eine Zeitblase begeben, in der sich nichts verändert hat. Das ist schade, denn gerade in seinem jetzigen Zustand gehört Pillars of Eternity zu den besten Rollenspielen der letzten zehn Jahre, vielleicht sogar eines der besten aller Zeiten.

Als Anführer einer sechsköpfigen Gruppe von Abenteurern kämpfe ich mich durch eine Welt, in der man nach dem Tod wieder geboren wird und Seelen wissenschaftlich nachweisbar und erforschbar sind. Ein spannendes Konzept, um das Obsidian alle Geschichten und auch den größten Teil aller Monster aufgebaut hat. Ich habe selten eine so durchdachte Spielwelt erlebt, die so frisch und neu wirkt, obwohl sie, wie der Großteil populärer Fantasy, von Elfen und Zwergen bewohnt wird. Der Rest des Spiels weiß auch zu gefallen: Die Charaktere, ob nun Begleiter oder Gegenspieler, sind gut geschrieben, die Welt ist groß und Quests lassen sich nicht nur durch Kämpfe oder den richtigen Dialogoptionen lösen. Die eigenen Charakterewerte können ebenfalls nützlich sein, genau wie Charaktereigenschaften, die der Hauptfigur nach getroffenen Entscheidungen zugeschrieben werden und auf die Nebenfiguren sie auch ansprechen. Solche kleinen Details lassen die Welt lebendig wirken und da ist es schön, dass sich Pillars of Eternity nicht komplett an Baldurs Gate 2 orientiert, das seinen Fokus mehr auf die Kämpfe legte.

Natürlich ist nicht alles perfekt. Die Handlung hat ab der Mitte einen Hänger und die Kämpfe lassen sich meist dadurch lösen, dass meine Gruppe sich auf einzelne Gegner stürzt und diese gnadenlos zu Klump schlägt. Das lässt sich aber alles in Pillars of Eternity 2 noch verbessern. Baldurs Gate 2 war ja auch die Fortsetzung eines nicht perfekten Vorgängerspiels, was manche ja gerne im Rausch der alten Erinnerungen vergessen. Ich für meinen Teil werde Pillars of Eternity bestimmt noch ein drittes Mal durchspielen und mir gerne noch ein paar frische positive Erinnerungen erschaffen. Vielleicht werde ich mich in zehn Jahren selber darüber ärgern, dass die Nachfolger mir nicht das gleiche Gefühl vermitteln, das ich jetzt beim durchspielen erlebte. Nostalgie ist wirklich ein merkwürdiges Gefühl.

Daniel: Ich habe komische Dinge gesehen: Netflix‘ neue Serie Stranger Things baut auch voll auf Nostalgie. Sie versucht dem Zuschauer die 80er Jahre förmlich in die Netzhaut zu pressen. Das gelingt. In der ersten Folge spielen vier Kids „Dungeons & Dragons“, fahren BMX und haben Walkie-Talkie. Man wartet förmlich auf den Moment an dem die Räder abheben und sie nach hause telefonieren. Auch das Intro erinnert an Spielberg-Filme aus der Zeit und mit Winona Ryder als verkorkste Mutter haben wir auch einen Akteur aus fast dieser Zeit. In der Kleinstadt Hawkins verschwindet plötzlich einer der vier Jungs. Ein mysteriöses Wesen scheint ihn entführt zu haben. Dafür erscheint in der Form eines jungen Mädchens ein ebenso absonderliches Wesen, das fern ab von jeglicher sozialer Etikette agiert. Während sie bei den Jungen langsam auftaut, entwickelt sich die Geschichte um das Monster weiter. Ein interessante Ausgangssitutation mit Potential für die kommenden sieben Folgen. Doch Netflix zwingt seinen Zuschauern die 80er förmlich auf und bereits in der zweiten Folgen nerven der Trailer, Winona Ryders hysterische Art und alle offensichtlichen Anspielungen auf die 80er. Alles ein bisschen zu viel. Hat mich natürlich trotzdem nicht davon abgehalten, die ganzen acht Episoden zu sehen. Und die Kids vermisse ich schon jetzt.

Alex: Ausstellungen bieten immer wieder eine willkommene Gelegenheit, sich mit dem reichen Comicschaffen unserer Nachbarn vertraut zu machen. So etwa die sehenswerte Schau Belgische Independent Comics – zwischen Alltagskultur und Avantgarde im Cöln Comic Haus (11.06.2016 bis 02.07.2016). Der Kurator Gregor Straube gibt darin einen seltenen Einblick in die Arbeit der belgischen Fanzine-Szene. Die Arbeiten von neun Künstlerinnen und Künstlern aus den Kollektiven Nos Restes und Habeas Corpus waren für mich gänzlich neu und hielten überraschende Entdeckungen bereit – auch dank der spontanen Führung durch die Geschäftsführerin Susanne Film. Die Exponate zeugen von einer großen Experimentierfreude und entziehen sich dabei von vornherein der herkömmlichen Verwertungslogik durch etablierte Verlage, die in Belgien vom Albumformat geprägt ist. Offensichtlich geht es hier um sorgfältig von Hand gefertigte Kleinstauflagen, die gängige Formate sprengen und sich durch ungewöhnliche Materialien auszeichnen. Liebhaberstücke.

Die Beantwortung der Fragen, was Comics können und wo ihre formalen Grenzen zu verorten sind, geht einher mit einem freiem Ausprobieren von Techniken, Materialien und künstlerischen Konzepten. Oft sind es spontane Einfälle, die ebenso schnell zu Papier gebracht werden. Die Ausstellung bietet eine Momentaufnahme einer dynamischen Szene und rückt den handwerklichen Prozess in den Mittelpunkt: von Skizzen über Originalzeichnungen mit Kritzeleien am Panelrand bis hin zu Heften in japanischer Fadenbindung. Die Selbstverständlichkeit, mit den einfachsten Mitteln Comics zu schaffen, ist in Belgien sicherlich ausgeprägter als in Deutschland, eben ein Stück weit Alltagskultur. Da wären Carl Roosens Druckgrafiken, obszöne Wimmelbilder, die an Der Garten der Lüste von Hieronymus Bosch erinnern. Daneben Arbeiten auf Pauspapier und Schabkarton oder mit Tonpapier. Eine Ausgabe des Zines We All Go Down beschäftigt sich mit den Bruchstellen bei Google Street View, Orte, die im virtuellen Raum plötzlich gekrümmt erscheinen. Dekonstruiert sind die Arbeiten von Jérôme Puigros-Puigener, zu deren Betrachtung eine Lupe bereitliegt; schließlich arbeitet er mit einem Raster aus Quadraten mit einer Seitenlänge von gerade einmal fünf Millimetern. Eines dieser Werke vereint in 16×24 Panels Detailaufnahmen bekannter Comicfiguren, in einem anderen spielt Puigros-Puigener mit flirrenden Camouflagemustern. Besonders fesselnd wirkt das eigenartig verzerrte Cover von Tintin et les Picaros, für das der Zeichner Quadrat für Quadrat gedreht und minutiös nachgezeichnet hat.

Die Ausstellung im Cöln Comic Haus ist übrigens eine Fortführung der Ausstellung Fanzineke aus dem Jahr 2014 im Bremer Projektraum 404. Dieser augenzwinkernde Titel greift den belgischen Begriff für Promenadenmischung auf, Zinneke, der außerdem eine abwertende Bezeichnung für die Bewohner Brüssels ist. Oft sind es doch gerade diese Promenadenmischungen, in denen sich das Comicschaffen von seiner lebendigsten Seite zeigt. Hier ein schneller Rundgang durch die Bremer Ausstellung

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Währenddessen… (KW 31)

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Daniel: Ich habe wenig Interesse an Kriegsspielen. Ich habe wenig Lust, große Armeen von A nach B zu ziehen. Außerdem mag ich keine Nazis. Warum ich mir trotzdem Heroes of Normandie für mein iPad geladen haben? Weil es eine wunderschöne App-Umsetzung eines Brettspiels ist. Der französische Verlag Devil Pig Games hat ein Spiel konzipiert, bei dem man John-Wayne-Kriegsfilme nachspielt: Ein Held hüpft in einen Jeep, fährt zum nächsten Haus, springt rein und sprengt es, um die Geheimdokumente vor den Nazis retten. Es ist ein kleines Scharmützel auf Pappkarton. Die Firmen Slitherine und CatRabbit haben das Brettspiel aufs Tablet gebracht und nun kann man die digitalen Papppanzer in die Schlacht ziehen, seine Helden im Wald in Deckung gehen lassen und Handgranaten werfen. Außer der amerikanischen, englischen und deutschen Kampagnen bietet das Spiel ein Editor und eine Rouglike-Kampage für Alliierten und Nazis, bei der man kein Spiel verlieren darf und sich seine kleine Armee selber auswählt. Hatte ich von der Selbstironie erzählt? Die funktioniert.

Heroes of Normandie ist bisher nur erhältlich für iOS.

Der TastenfickerStefan: Diese Woche habe ich die Autobiographie des Keyboarders Flake gehört. Der schafft es tatsächlich im vierstündigen Hörbuch kein einziges Mal den Namen seiner Band zu erwähnen, nämlich Rammstein. Auch wer deren Musik fade findet, könnte Freude an diesen Aufzeichnungen haben. Der drollige Titel schreckt zunächst erstmal ab. Außerdem spricht Flake Wörter wie Hypochonder oder Rock and Roll aus wie er mag – gnadenlos. Letzteres etwa wird zum Rack and Roll. In der DDR war Englisch fremd und Flake und Rammstein kommen von dort, somit füllt der Unterschied zwischen beiden Deutschlands den Großteil des Buchs. Flake hat keine typische Musikerbiographie verfasst, sondern ein sympathisches Werk mit ganz viel Understatement und viel klügeren und sensibleren Beobachtungen und Gedanken als Rammstein gemeinhin zugetraut wird.

Hörprobe von „Der Tastenficker: An was ich mich so erinnern kann“

Daniel: Die Spiel des Jahres-Jury hat entschieden. Gewinner des roten Pöppels heißt Codenames. Ein großartiges Partyspiel, bei dem 25 Karten mit einfachen Begriffen ausliegen und ein Geheimdienstchef ein Wort und eine Zahl sagt: „Wald. Drei.“ Was er damit seinem Team mitteilen will: Es gibt drei Begriffe, die seiner Meinung nach mit dem Begriff Wald zu tun haben. In den nachfolgenden Minuten wird sein Team sich in seine Gedankenwelt begeben und versuchen hinter den Begriffen ihre Agenten zu finden. Anschließend sagt der gegnerische Geheimdienstchef ein Wort und eine Zahl und die Sinnsuche geht von vorne los. Auch wenn nicht jeder von dieser Entscheidung überzeugt ist, und Codenames mehr ein Partyspiel als ein Familienspiel ist, lohnt sich die Anschaffung für jede WG, Party oder Hüttenbesuch.

Codenames

Hier habe ich für die SZ alle Sieger und Nominierten vorgestellt.

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Währenddessen… (KW 33)

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Christian: Endlich hab ich es geschafft, mir Star Wars 7 – Das Erwachen der Macht anzusehen. Ganz auf der Höhe der Zeit sind also inzwischen auch bei Star Wars selbst die beliebtesten Figuren nicht mehr sicher. Überhaupt betreibt der aktuelle Imperium-Ableger, The First Order, in meinen Augen zu viel Vernichtungskrieg. Sicher, das Imperium hatte schon immer eine nationalsozialistische Prägung, aber dieser neue Zyklus bringt, trotz aller Parallelen zu früheren Episoden, einige neue und verstörende Aspekte ans Licht. Dass die „Erste Ordnung“ mit Sonnenenergie gleich fünf Planeten auf einmal zerstört, erinnert tatsächlich schon wieder an Philip K. Dicks Man in the high castle, in dem die Nazis mit Atomwaffen ganz Afrika zerstören, das Mittelmeer trockenlegen und die Zerstörung Japans planen. In The man in the high castle wird von einer Figur die Annahme geäußert, die Zerstörung alles Fremden wäre nur die erste Phase, in letzter Konsequenz würde die Nazi-Ideologie die Ausrottung allen Lebens des Universums zum Ziel haben. Das deckt sich frappierend mit der Methode der „Ersten Ordnung“, das Zerstörungswerk mit Solarenergie voranzubringen und dabei das vorzeitige Erlöschen der Sonne zu riskieren. Tja, dann wäre endlich Ruhe im Universum. Bei allen Kritikpunkten, die man Star Wars 7 vorwerfen kann, ist das eine Prämisse, die mich interessiert und die hoffentlich noch vertieft wird. Und jetzt freue ich mich darauf, mir Episode 1 bis 3 mal wieder anzusehen. Mich beschleicht langsam das Gefühl, dass diese Episoden tatsächlich besser sind als ihr Ruf.

First Order

© Lucasfilm, Disney


Daniel
: Auch ich war im Weltall. Im Weltall von No Man’s Sky. Das Computerspiel hat als kleine Indieproduktion der Entwickler Hello Games begonnen. Die haben eine ganze digitale Galaxis versprochen – so groß wie unsere eigene. 18 Trillionen verschiedene Planeten sollen von einem Algorithmus ausgerechnet werden, komplett mit eigener Flora, Fauna und Atmosphäre. Noch größer als die versprochene Galaxie ist der Hype um das Spiel. Die Erwartungen konnten überhaupt nicht erfüllt werden, und trotzdem wollten alle, dass es klappt. Man musste es selber sehen. Aus diesem Grund haben wir bei der SZ ein No Man’s Sky-Tagebuch geführt: Tag 1, Tag 2, Tag 3 und am vierten Tag. Wir haben unsere Erfahrungen von der ersten Absturzstelle bis zum verzweifelten Blick über einen verlassen Blick aufgezeichnet – und fanden das Resultat fad: No Man’s Sky ist nicht das Elite von heute, sondern eine philosophische Sinnliche. Man muss Spaß daran haben Tieren Namen zu geben, endlos Ressourcen zu sammeln, denn No Man’s Sky hat kein verbindendes Narrativ und auch kein verbindendes Element mit anderen Spielern. Ein Mann, ein Raumschiff und unendliche Weiten. Klingt ein bisschen wie das richtige Leben.

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Währenddessen… (KW 34)

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In der Kolumne „Währenddessen …“ zeigt die Comicgate-Redaktion, was sie sich diese Woche so zu Gemüte geführt hat.

Christian: Die neue CD von Michael Kiwanuka ist raus. Schon die erste war, nachdem ich ein paar Nummern im Radio gehört hatte, zunächst mal ein Must-have für mich, wird aber letztlich nur selten angehört von mir. Das Problem: Die Musik ist einfach zu perfekt, außerdem ist die Hälfte der Stücke einfach zu ruhig und soft, so dass das Hörerlebnis in Richtung gepflegte Langeweile auf höchsten Niveau tendiert. (Im Gegensatz dazu landet die erste Best Of-Compilation des Nino aus Wien bei mir ständig auf dem Plattenteller, denn die ist herrlich aufgekratzt und dreckig in ihrer Art.) Es gibt eben schon ein Zuviel an Perfektion, und Kiwanuka ist einfach zu perfekt. Nun gibt es also die zweite Kiwanuka, und wieder dachte ich beim ersten Hören des Stücks „I’m a black man in a white world“, das muss ich haben. Um einiges göttlicher noch ist allerdings das erste Stück, „Cold Little Heart“. Das geht ganz zunächst langsam als vorhersehbares Intro los, mit unwiederstehlichem Pink Floyd-Gitarrensound, wechselt dann aber nach über 4 Minuten die Tonart und überrascht mit Klängen, die ich so bisher nur vom Filmkomponisten Riz Ortolani kenne. Schönstes Easy Listening, das einen hinüberträgt zum ersten Song, wobei völlig unklar bleibt, wie lang dieser gehen wird, denn auch nach über sieben Minuten ist kein Ende in Sicht und die Spannung ungebremst hoch. Wer auch je die irrige Meinung geäußert hat, ein Song müsse in drei Minuten alles vermitteln, hat keine Ahnung von Musik, denn was Michael Kiwanuka hier abliefert ist spektakulär. Das ist nicht irgendso’n Retrosoul, das ist psychedelische Soulmusik, die beste seit den Temptations. Aber natürlich ist es perfekt bis zum Geht-nicht-mehr (und so viel Perfektion ertrag ich auf Dauer nicht ;). Der Rest der Scheibe ist darüber hinaus um einiges abwechslungsreicher als beim Erstling, auch wenn die spektakulären Stücke erneut in der ersten Hälfte passieren.

Niklas: Sigil war schon eine merkwürdige Stadt. Dämonen lebten in relativer Harmonie mit Menschen, ein Magier verwandelt sich in einen Schrank um Damenhöschen zu sammeln und ich bin mir sicher, dass irgendwo ein kopfloser Mann herumirrte. All diesen schrägen Gestalten begegneten die Spieler im Rollenspiel Planescape: Torment, von dem seine Fans behaupten, das es die beste Geschichte aller Zeiten hätte. Das liegt vor allem daran, dass sich die Erzählung mehr mit der Rettung des eigenen (unsterblichen) Lebens beschäftigte als mit der Wiederherstellung oder Veränderung des Status Quo der Welt. Die großen Themen der Serie waren Schuld, Sühne und die Frage ob der Mensch Herr seiner selbst ist. Lange Jahre warteten Fans auf einen Nachfolger und 2013 schienen ihre Gebete erhört zu werden: inXile Entertainment startete einen Kickstarter für das Rollenspiel Torment: Tides of Numenera, ein Rollenspiel das in der Welt des Pen&Paper Rollenspiels Numenera spielt und als geistige Fortsetzung Planescapes gedacht ist. Seit einiger Zeit können Backer die Beta spielen und ich habe 12 Stunden zum Durchspielen gebraucht.

Tides of Numeneras Texte sind gut. Sehr gut. Erstaunlich gut. Man merkt schnell, dass die Geschichte im Vordergrund stehen soll und die Autoren schaffen es mit wenigen Worten die besonderen Eigenschaften einer Figur auf den Punkt zu bringen, eine oft unterschätzte Kunst. Die Gestaltung der Umgebungen kann sich auch sehen lassen. Wenn da Stahlbauten mit mittelalterlichen Ständen und Luftschiffen kombiniert werden, fühlt sich die Welt von Numenera fremd und neu an. Die potentiellen Begleiter meines Charakters sind auch interessant und ich schließe sie schnell ins Herz. Was die Optik und die Geschichte anbetrifft, mache ich mir tatsächlich keine Sorgen. Aber ein Rollenspiel lebt auch von seinen Mechaniken und mit denen hatte schon Planescape: Torment zu kämpfen. Die Kämpfe waren öde, einfaches Draufhauen reichte da vollkommen. Zum Glück waren sie in Echtzeit. In Numenera sind sie rundenbasiert und trotz einiger besonderer Fähigkeiten meiner Figuren sind sie vor allem langsam und wenig dynamisch. Schöner Mist. Auch von den restlichen Mechanismen weiß ich noch nicht, was ich von ihnen halten soll. Ich kann mithilfe von Punkten meine Chancen auf Erfolg für einen Skillcheck erhöhen, was sie in der Theorie zu wertvollen Ressourcen macht. In der Praxis bedeutet das allerdings, dass ich bisher jede Probe gewinne, vor allem da ich auch die Punkte meiner Helfer zugreifen kann. Daran müssen die Entwickler noch feilen. Ich würde es mir auf jeden Fall wünschen, denn auch wenn ich eine Weile brauchte bis ich mich wirklich drin fühlte, gefallen mir die Ideen und Konzepte hinter der Geschichte von Tides of Numenera. Die Entwickler kombinieren schon jetzt gekonnt Quests mit den Themen des Spiels (Verlust, Identität, Taten und Konsequenzen) und nach all den Andeutungen will ich wissen wie die Geschichte ausgeht. Außerdem meine ich etwas von einer Unterwasserstadt gelesen zu haben und die möchte ich sehen. Die Welt von Numenera scheint auf angenehme Art merkwürdig zu sein. Zumindest bin ich jetzt schon dem kopflosen Mann begegnet.

giphyDaniel: Na toll, und ich als Backer von Torment: Tides of Numenera kann den Early Access noch nicht spielen, da ich nur einen Mac hab. Dann muss ich wohl warten, bis das Spiel fertig ist. Bis dahin, bitte keine Spoiler! In der Zwischenzeit amüsiere ich mich mit Apps, die nicht Pokémon Go heißen. Für die SZ habe ich mal nachgeschaut, was es Neues in den Spielkategorien der App-Stores so gibt und bin auf Reigns gestoßen. Ein App, die das Tinder-Prinzip mit einem Choose-your-own-adventure kombiniert. Ihr seid König und müsst Entscheidungen treffen. Durch simples links oder rechts wischen, gebt ihr euren Untergebenen, die der Reihe nach vor Euch treten einfache Befehle: Baut eine Kirche, habt eine Affäre, lasst die Männer aus dem Norden gewähren. All diese Entscheidungen verändern euren Stand bei Kirche, Volk, Armee und den Stand eurer Schatzkammer. Fällt einer dieser Werte unter null oder erreicht er das Maximum, endet eure Regentschaft – zuweilen blutig. Aber kein Problem. Sobald der König tot ist, spielt ihr als neuer Regent einfach vor vorne weiter. Reigns ist grandioses Storytelling mit simpelsten Mitteln. Hat euer Vorgänger eine Scheune gebaut, kann auch sein Nachfolger diese Nutzen, so hat jede Regenschaft Einfluß auf die nachfolgende. Bisweilen ist es ziemlich lustig König zu sein, da die Karten gut und abwechslungsreich geschrieben sind. Der König ist tot, lang lebe die App. Vier weitere Spiele-Apps gibt es hier.

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Währenddessen… (KW35)

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In der Kolumne „Währenddessen …“ zeigt die Comicgate-Redaktion, was sie sich diese Woche so zu Gemüte geführt hat.

SimilarillionNiklas: Manchmal lasse ich Bücher Jahre lang liegen, bis ich sie eines Tages in einem Rutsch durchlese. Dasselbe ist mir mit dem Silmarillion passiert und ich muss sagen … es wird spannend, sobald die Menschen auftauchen. Ich möchte gar nicht schreiben, ob ich es gut oder schlecht fand, denn das weiß ich nicht. Ich weiß, dass man an jeder Stelle merkt, wie viel Liebe Tolkien in diese fiktive Mythologie einfließen ließ. Eine Liebe, die wohl auch andere Autoren ansteckte, um ihre eigene komplizierte Mythologie zu schaffen, in der vielleicht nur sie aufgingen. Ist das schlimm? Nein, denn etwas zu lieben, bedeutet manchmal, dass man es nicht mit anderen teilen kann und trotzdem glücklich ist (das merke ich jedes Mal, wenn ich mit den Leuten über Hellboy diskutiere). Allerdings sollte auch nicht jedes Herzensprojekt veröffentlicht werden, aber das gehört zum Lernprozess dazu. Das Silmarillion ist ein Buch, das am Ende größer ist als seine tatsächliche Qualität. Unabhängig davon wie gut oder schlecht es ist, es bleibt ein einflussreiches Werk, das vieles erst ermöglichte. Aber das ändert nichts daran, dass die Valar ein Haufen übermächtiger Jammerlappen sind. Zum Glück gibt es ja noch sterbliche Helden. Die scheitern zwar ständig, aber wenigstens haben sie versucht, etwas zu verändern. Und das ist zeitlos, egal wie gut oder schlecht ein Buch tatsächlich ist.

Daniel: Ich spiele Videospiel und Brettspiele. Nur selten treffen sich diese beiden Welten, aber wenn Sie des tun, kommt meistens nichts Gutes heraus. Ja, damit meine ich Euch, ihr schrecklichen Playstation-Umsetzung von Monopoly und Risiko. Auch ein interessantes Konzepte wie das digitale Strategiespiel Armello funktioniert leider nicht. Wahrscheinlich liegt es daran, dass erst ein Brettspieldesigner, wie Eric M. Lang kommen muss, um die Welten zu vereinen. Denn sein kostenloses Spiel Duelyst ist ein Amalgam aus Blizzards digitalem Kartenspiel Hearthstone und dem Brettspiel Mage Wars. Ein Mischung aus einem Sammelkartenspiel und einem taktischen Spiel wie Schach. Zwei Generäle stehen sich gegenüber und beschwören, je nach Karten auf Ihrer Hand, solange neue Monster und Artefakte neben ihrer Spielfigur, bis es einem von beiden gelingt, dem Gegenüber 25 Lebenspunkte zu rauben. Also rund um dieses Spielfeld ist von Hearthstone geklaut: Neue Karten, neue Level, in-App-Käufe, einfach alles. Aber eben die taktische Bewegung auf dem Schlachtfeld und die animierten Pixelsoldaten fehlen Blizzards Kreation. Auch wenn Herathstone mit neuen Erweiterungen experimentiert, fehlt das Strategische. Duelyst ist ein kleines kostenloses Universum, das viel Zeit frisst, wenn man nicht aufpasst. Ach ja, ich bin unter dem Nick „Limettenpresser“ dort zu finden, wer es wagen sollte gegen meine Minions anzutreten zu wollen.

Christian: Von mir gibt es diese Woche keinen Beitrag, ich musste Kuchen backen. („Oh nein, Han Solo ist immer noch in Schokolade eingegossen!!!“)

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Wenn Nerds backen.

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Währenddessen… (KW36)

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Niklas: Manchmal möchte ich einfach nur Spaß haben. Zum Glück habe ich mir letztes Jahr alle englischsprachigen Bände des Manga Blood Blockade Battlefront gekauft. Hinter dem sperrigen Titel, verbirgt sich eine der kreativsten Serien, die ich je gelesen habe. Worum geht es? Eine Katastrophe hat New York für immer verändert. Jetzt leben Menschen, Aliens und Dämonen in einem fragilen Frieden nebeneinander, während die Unterwelt von Gangstern und Vampiren beherrscht wird. Die haben Zugriff auf Massenvernichtungswaffen und gefährliche Magie und drohen die Welt im Stundentakt an den Rand der Vernichtung zu treiben. Die Geheimorganisation Libra hat es sich zur Aufgabe die Pläne der Bösewichte zu durchkreuzen und sind dabei sogar gut in dem was sie tun. Kollateralschäden gibt es trotzdem genug. Ups.

Autor und Zeichner Yasuhiro Nightow (Trigun und Tribun Maximum) hat sichtlich Spaß daran seine kleine Welt nach und nach aufzubauen. Neben den üblichen Todesmaschinen (darunter ein sprichwörtlicher Monstertruck), lernt der Leser wie die außerirdische Küche die Umgebung beeinflusst, die Polizei auf nichtmenschliche Verbrechen reagiert (Gewalt ist immer eine gute Lösung) und wie es wäre wenn ein einfacher Bürger von der Größe Godzillas durch die Straßen marschiert (keine Versicherung übernimmt den Schaden, wen jemand sein Auto unter seinem Fuß parkt). Das Ganze würzt der Mangaka mit viel schwarzen Humor und da das Cast groß genug ist, sollte für jeden Leser zumindest ein Charakter vorhanden sein, der einen ans Herz wächst. Und sei es auch nur wegen der albernen Namen (Klaus Von Reinherz, hihi). Ein Problem gibt es aber doch: es gibt keinen richtigen Plot. Zwar wird in den bisher herausgebrachten Bänden immer wieder eine größere Handlung angedeutet, aber Nightow erzählt dann doch viel lieber kleinere Geschichten mit viel Action und vielen beknackten Ideen, die gleichzeitig auch wieder herzerwärmend sein können. Ich zumindest hätte nie gedacht, dass mich die Geschichte um einen Hamburger liebenden Pilzmenschen rühren würde. Andererseits sind Kurzgeschichten auch wieder eine Kunst für sich und so braucht niemand Angst haben ohne Vorwissen in eine größere Geschichte zu stolpern. Ich für meinen Teil vertiefe mich gerne in den teilweise hektischen und detaillierten Bildern Nightows und bin sehr darauf gespannt, was nach dem menschenfressenden Monsterstruck und Hamburger liebenden Pilzmenschen noch so kommt.Vorausgesetzt, Dark Horse Comics übersetzt irgendwann die restlichen Bände. Drei wären es noch. Zum Manga gibt es außerdem noch eine Anime-Serie, die eine durchgehende Handlung erzählt und auch etwas Tiefe in die Konzepte der Serie bringt. Das ist immer schön und macht mir immer Spaß. Blood Blockade Battlefront soll übrigens auch bald auf deutsch erscheinen.

Daniel: Und gleich noch ein Manga. Doch I am a Hero funktioniert ein bisschen anders als Blood Blockade Battlefront. Na gut, Kengo Hanazawas Manga funktioniert komplett anders. Statt Superhelden gibt es nur Hideo Suzuki. Hideo ist Mangazeichner. Na gut, Hideo war Mangazeichner. Nachdem sein Erstlingswerk Uncut Penis nicht wirklich gut angenommen wurde, schuftet er jetzt nur noch Assistent und tuscht die Seiten anderer Zeichner im Akkord. Ähnlich wie Managaka Inio Asano (Gute Nacht PunPun) macht Hanazawa seinen Helden nicht zum Rollenmodel, nicht zum Halbgott, sondern zu einem Jedermann. Hideo arbeitet, geht nach hause, trifft seine Freundin, und arbeitet weiter.

Bis die Zombie-Apokalypse losbricht.

I am a Hero

I am a Hero © Kengo Hanazawa

Dann arbeitet Hideo, geht nach hause und trifft seine Freundin. Die ist mittlerweile zum Zombie mutiert. Diese eine Szene, das Aufeinandertreffen von Hideo und seiner jetzt Zombie-Freundin Tekko zeigt alle Stärken des Manga. Was Hanazawa bei der Begegnung gelingt, ist magisch: Der Mangaka zeichnet seinen Helden als naiven Verlierer, der mit dem Kopf in Tekkos Wohnungstür feststeckt, während sie versucht, ihn zu beißen. Ein ganzes Kapitel dauert dieser perverse Liebeskampf an. Und während der Leser bereits verstanden hat, dass Tekko ihn auf keinen Fall beißen darf, versteht Hideo überhaupt nichts. Erst nach mehreren Seiten setzt plötzlich die Erkenntnis ein. Hideo realisiert zwar nicht, dass Tekko ein Zombie ist, aber dass sie ihn wirklich liebt. Ihn, Hideo. I am a Hero ließe sich leicht als japanischer Zombieklon von Shawn of the Dead abstempeln, wäre da nicht eben dieser liebevolle Umgang mit seinem Protagonisten. Ebenso wie Asano gelingt es Hanazawa Manga neu zu erfinden. Weg von allen Klischees, weg von Dämonen und Superhelden, weg von allem Niedlichen. Hin zu einer unzensierten Sicht auf uns langweilige, dumme, perverse, einfältige Menschen, die wir in unserem Herzen doch so liebenswert sind.

I am a Hero ist Humanismus in Reinform – und mit Zombies.

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Währenddessen… (KW38)

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Christian: Mit Fargo – Season 1 hab ich seit einer gefühlten Ewigkeit endlich mal wieder eine moderne Fernsehserie angesehen. Ein seltsames Biest ist diese Serie. Die erste Folge ähnelt durchaus noch ein wenig dem Kinofilm der Coen-Brothers, aber das ändert sich schnell. Tatsächlich erinnert mich die Erzählhaltung eher an Brian Azzarellos 100 Bullets, und die Figur des durchgeknallten Killers Lorne deckt sich fast völlig mit Garth Ennis‘ Punisher, mit der nur klitzekleinen Akzentverschiebung, dass Lorne nicht nur böse und skrupellos ist (das ist Frank Castle auch), sondern auch unmoralisch. Season 1 von Fargo trifft den Tonfall der Comics von Azzarello und Ennis so mühelos, dass ich die Reihe zu den besten Comicverfilmungen zähle, die nie eine Comicverfilmung sein wollten. So wie Dellamorte-Dellamore die beste inoffizielle Dylan Dog-Verfilmung ist, die sich ein Fan wünschen kann, ist Fargo die Essenz all dessen, was Garth Ennis und Azzarello seit Jahren richtig gut machen. Ich bezweifle, dass die Splatter-Gaudi, die die Preacher-Fernsehserie zu sein scheint, dagegen anstinken kann.

fargo

Daniel: Ich bereite mich gerade sehr intensiv auf die Brettspielmesse SPIEL vor, die vom 13-16. Oktober in Essen stattfinden wird. Ich mache Termine für Interviews aus, melde mich zu Presseveranstaltungen an und plane die Reise. Aber am wichtigsten: Ich erstelle eine Liste von Spielen, die ich testen, spielen und/oder kaufen will. Meine Top Ten stehen auf meinem Blog, aber hier bekommt ihr meine Nummer eins kurz vorgestellt: Inis.

Inis

Bei meiner Spielgruppe dauern Züge immer eine Ewigkeit. Jeder versucht den perfekten Weg zum Sieg zu finden. Am besten einen, den die Mitspieler noch gar nicht entdeckt haben. Was wird Inis mit meiner Runde machen? Ein Spiel, bei dem man den entschiedenen Spielzug ankündigen muss: „Ich werde übrigens gleich gewinnen, also versucht es bitte jetzt zu vereiteln.“ So wie bei UNO. Für ein Kartenspiel mag das funktionieren, aber doch nicht für ein Spiel mit Männchen auf einer Karte stehen, irgendwo in Irland. Inis ist ein Brettspiel, bei dem man bemüht ist, am meisten Einfluss in einer Region auszuüben. Was hier meist nicht in einer militärischen Auseinandersetzung endet, sondern eher einem Tauziehen ähnelt. Oder einem Walzer mit bis zu vier Spielern, von denen jeder führen will. Die Illustrationen sind der nächste Punkt. Manche hassen sie. Ich liebe sie. Und das bereits bevor ich erfahren habe, dass der Künstler Jim Fitzpatrick (sehr irisch) das bekannte Che Guevara Bild gemalt hat. Mich erinnert es mehr an eine expressive Variante von Charles Vess. Ich mag die Farben, ich mag die Illustrationen, ich mag die Regeln, ich mag das Drafting-System der Karten, ich mag den Titel. Inis ist jetzt schon das Spiel, auf das ich mich bei der SPIEL am meisten freue.

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Währenddessen… (KW 39)

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19Christian: Immer wieder überzeugend ist die Reihe Micky Maus Comics, das inzwischen dem Donald Duck Sonderheft deutlich den Rang abläuft. Zwar sind immer noch eher zu wenig Maus-Geschichten enthalten, aber es ist durchaus der Wille sichtbar, nicht nur Enten-Monokultur zu betreiben. Im neuesten Heft Nr. 32 findet sich ein echtes Kuriosum: Eine von Paul Murry und Dan Spiegle gestaltete Crossover-Story aus den 1960ern, die Micky und Goofy auf realistisch gezeichnete Agentenfiguren treffen lässt. Das geht stilistisch schon stark in Richtung Conan vs Groo oder Archie vs Predator. Natürlich handelt es sich hier um kein Meisterwerk, es ist aber auch alles andere als eine Katastrophe. Scott Shaw schreibt auf der amerikanischen Webseite Comic Book Resources darüber: „[A]uf jeden Fall handelte es sich dabei um eine Referenzmarke für die nachfolgenden Comics, die lustige Comicfiguren mit realistischen Hintergründen zusammenbrachten, so wie Marvels Howard the Duck oder Disneys Roger Rabbit.“ Künstlerischer Höhepunkt ist im aktuellen Heft allerdings eine Entengeschichte, nämlich Arild Midthuns „Wunderbare Reise“, eine Story, in der Donald auf Mausgröße gezaubert wird und dann wie Nils Holgersson mit Gänsen auf große Reise geht. Der Geschichte fehlt zwar deutlich der epische Atem, aber Midthuns Tier- und Naturdarstellungen sind grandios. Schönes Lesefutter für Kinder und ewige Disney-Fans.

micky-maus

 

Stefan: Endlich Herbst! Endlich wieder Kakao trinken. Denn als Fans von Sheldon Cooper trinken auch wir nur Kakao in Monaten mit einem R im Namen. Passend dazu läuft bei Amazon nun die zehnte Staffel von The Big Bang Theory im US-Original. Es ist das erste Mal das ich Melissa Rauch wiedersehe, nachdem sie im Frühjahr auf der MCM Comic Con in Hannover zu Gast war. Aber es gibt noch ein denkwürdigeres Zusammentreffen: wir lernen endlich die Familie von Penny kennen. Eine turbulente, herzerwärmende und lustige erste Folge der neuesten Season.

Big Bang Theory

Daniel: Was soll man über einen Comic schreiben, an dem das Beste das Vorwort ist? Viel lässt sich über Angel Catbird schreiben. Laut dem Verlag Dark Horse ist die grafische Novelle der meist ersehnte Comic 2016. All diese Tatsachen – Vorwort, Novelle, meist ersehnt – haben natürlich mit der Autorin zu tun, die sich bereit erklärt hat, anstatt Bücher erstmals einen Comic zu schreiben: Margaret Atwood. Berühmt geworden ist die Kanadierin mit Romanen wie The Blind Assassin und The Handmaid’s Tale. Wie man aus besagtem Vorwort erfährt, kennt sich die Grand Dame der kanadischen Literatur auch mit Comics aus. In frühster Jugend hat sie bereits Comics gelesen und auch ein paar selbst produziert – vor allem über Luftballons und Katzen. Während ihr Luftballons schnell fad wurde, ist Atwood ein Katzenmensch geblieben. Und davon handelt auch der Comic. Ein Forscher verwandelt sich durch ein Serum in ein Wesen, Drittel Eule, Drittel Katze und Drittel Mensch. Natürlich ist er nicht die einzige Halbkatze. Und natürlich werden Halbkatzen vom bösen Wissenschaftler gejagt, einer Halbratte. Die Storyline plätschert dahin, die Dialoge sind erwartbar und die Struktur der Panels erinnert an die Fensterfront eines Wohnblocks aus den 60ern. Das Spannendste an diesem „meist erwarteten Comic des Jahres“ ist die Tatsache, dass es der 76-Jährigen gelingt, ein Stück der zeitgenössischen Furry-Kultur einzubinden. Ob das authentisch dargestellt ist, müssen andere entscheiden.

Angel Catbird

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Währenddessen … (KW 40)

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Daniel: Ich bin ein großer Freund von Fortsetzungen. Fortgesetzte Serien, Filme, Geschichten, Spiele. Immer her damit. Genauso geht es mir mit The Banner Saga. Vor zwei Jahren bevölkerte das Entwicklerstudio Stoic – mit Kickstarter-Unterstützung – seine Wikingerwelt mit Menschen, Monstern und Magie. In dem rundenbasierten Taktikspiel versucht man seine Varl, überdimensionale Krieger, geschickt mit Bogenschützen zu ergänzen, um die gefürchteten Dredge zu besiegen und ihnen dann zu entkommen. Das erste Spiel kulminierte im großen Finale – gegen den Dredge-Anführer Sundr Bellower. Nur nach einem großen Opfer konnte er besiegt werden. Teil 2 der Banner Saga entspinnt sich genau an dieser Stelle weiter, denn der Sieg war nur einen Zwischenstopp. Mit derselben Gruppe geht es dann auch direkt weiter – immer noch verfolgt von den Dredge. The Banner Saga 2 hat kein wirkliches Tutorial und gibt einem all die liebgewonnenen Figuren wieder – doch das ist für mich ganze zwei Jahre her.

Nur mühsam gewöhne ich mich wieder an die alten Freunde und an neue Kampftechniken. Zugelegt hat der zweite Teil vor allem, was die grafische Gestaltung angeht. Neben dem immer länger werdenden Trek an Clans und Kämpfern wurde die Dialoge und Cutscenes aufpoliert; was meinem iPad Air aber schon viel abverlangt. Wie Hakon, Bolverk und Alette muss auch mein Tablet zwischendurch immer mal wieder rasten und sich ausruhen – bevor die nächsten Entscheidungen getroffen werden. Denn obwohl die Geschichte linear ist, muss bei jedem Dorf die moralische Frage beantwortet werden: Können wir noch mehr Flüchtlinge in unsere Karawane aufnehmen? Und jedes Mal antworte ich selbstbewusst: Wir schaffen das!

Frauke: Den Hoaxilla-Podcast, dessen Betreiber Alex und Alexa sich zur Aufgabe gemacht haben, hinter die Kulissen von Mythen, urbanen Legenden und angeblich wahren Geschehnissen zu blicken, verfolge ich schon seit einigen Jahren mehr oder weniger intensiv. Vor ein paar Tagen hörte ich für eine längere Autofahrt mal wieder rein und hab mich dabei für eine neue Folge des Sonderformats „Hoaxilla Crime“ entschieden, in der die Kriminalpsychologin Lydia Benecke über die Auslöser von Amokläufen erzählt. Wie immer erklärt Lydia sehr verständlich psychologische Hintergründe und Zusammenhänge. Hochinteressant, kurzweilig und direkt hier anzuhören oder auf der entsprechenden Hoaxilla-Seite:

Hoaxilla Folge 199: Amok – Hoaxilla Crime (18.08.2016)

 

Stefan: Diese Woche war ich beim Konzert von Birdy in Hannover und kann nun ihr aktuelles Album Beautiful Lies als passenden Soundtrack zum Herbst empfehlen. Die Single „Wild Horses“ ist mein aktueller Ohrwurm.  Schöne Aktion der 20-jährigen Britin: am Merchandise-Stand gab es das Album auf Vinyl, noch dazu signiert, für faire 30 Euro. Beschämend, wie schlecht Künstler sonst oft entlohnt werden.

Flash Staffel 3 ist nun bei Amazon erhältlich. Die erste Folge heißt „Flashpoint“ und spielt mal wieder eine alternative Welt durch. Reizvoll und die Effekte werden zunehmend besser, können aber nie mit Marvels Kinofilmen mithalten. Inhaltlich kommen Flash und Supergirl immer mehr weg vom sterilen Kinderkram zu einer auch für Erwachsene erträgliche Unterhaltung. Aber Misfits oder Preacher sind doch erheblich näher an Frank Miller, Garth Ennis und generell mehr die Art Comichelden, die mich wirklich begeistern. Schön, dass inzwischen Darsteller von Arrow, Flash und Co. 2016 bei Comic Cons in Hannover und Stuttgart zu Gast waren und eine neue Generation für Comicgeschichten begeistert. Sehr brav, aber durchaus solide gemacht. Kurz vor Weihnachten bringt Panini Comics eine Flash-Anthologie heraus. Das ist mein erster Tipp für ein Weihnachtsgeschenk.

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Währenddessen … (KW 42)

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In der Kolumne „Währenddessen …“ zeigt die Comicgate-Redaktion, was sie sich diese Woche so zu Gemüte geführt hat.

Daniel: Ich möchte mich an dieser Stelle für die Unregelmäßigkeit des Währenddessen in den letzten Wochen entschuldigen. Grund war die SPIEL 2016, die einen Großteil meiner Zeit gefressen hat. Es galt Interviews vorzubereiten, Listen zu erstellen und viele andere Dinge zu erledigen. Als Beleg für meine Reise zur Spielemesse habe ich dieses Beute-Bild für euch:

SPIEL

Das geschulte Auge wird rechts oben ein Brettspiel von einem alten Bekannten erkennen: „Der mysteriöse Wald“ ist eine Adaption von Daniel Lieskes Wormworld Saga, von ihm selbst illustriert. Wenn ich meine Selektion jetzt so rückwirkend betrachte, habe ich bei der Auswahl unbewusst auf schönes Design geachtet. Doch diese Brettspiele haben nicht nur schöne Verpackungen, sondern auch interessante Regeln und Konzepte zu bieten. Doch das Spiel, das mich in Essen am meisten fasziniert hat, ist auf diesem Bild nicht zu sehen. Das ist Fabelsaft von Friedemann Friese. In dem Spiel versuchen zwei bis fünf Spieler als erstes möglichst viele Smoothies zu pressen. Dazu benötigt man die richtigen Fruchtkarten, die man tauschen, stibitzen und handeln kann. Der Clou an dem Spiel: Mit jedem gepressten Smoothie kommen neue Regeln ins Spiel. Von diesen Regeln gibt es 58 verschiedene. Ein heißer Anwärter auf den Spiel des Jahres Preis 2017. Ach was, Friedemann wird nächstes Jahr damit gewinnen. Kein anderes Spiel verlangt nach dem ersten Mal spielen eindringlicher eine zweite, dritte und vierte Partie.

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Gähn. Politisch inkorrekt ist ja so Neunziger. (© Frank Miller, Dark Horse)

Christian: Kürzlich habe ich Frank Millers Tales to Offend wiederentdeckt, eine kleine rare Perle von 1997. Eigentlich besteht Millers Karriere ja aus drei Phasen: Phase 1 war seine Mainstream-Phase mit den berühmten Arbeiten für Marvel (Daredevil, Elektra) und DC (Ronin, Dark Knight). Dann kam Phase 2 mit den Independent-Sachen für Dark Horse. Die startete atemberaubend mit Sin City, Hard Boiled und Give me Liberty, aber danach war das Thema „Innovativ durch Unabhängigkeit“ auch schon durch. Miller wurde der König der großen Ankündigungen, aber machte tatsächlich immer nur dasselbe – und das zu langsam. Das war seine „Plakativ“-Phase: Nur kein Tiefgang, nur immer schön schrill. Machte er mal kein Sin City, dann kamen Sachen wie Tales to Offend, in denen er aufs Schönste sein verschrobenes Innenleben offenbart. In Tales to Offend führt Miller die Figur Lance Blastoff ein, die von der ersten Seite an gegen jede Form von Political-Correctness auskeilt und uns unter anderem darüber belehrt, dass veganes Leben Bullshit ist und dass man sich nicht vorschreiben lassen sollte, Flaschen wiederzuverwerten („Never mind what all those candy-pants tell you, kids! It’s still garbage! Just toss it!„) . Soweit so platt. In der zweiten tales-to-2Lance-Story aber dreht Miller auf: Erst verfüttert Lance seine nervige Freundin aus Story 1 an einen Dinosaurier, dann sammelt er eine Gruppe von kleinen niedlichen außerirdischen Flüchtlingen auf, die eigentlich die Lösung für alle Umweltprobleme und ein Rezept für den Weltfrieden hätten. Aber Lance ist das wurscht: Er verwandelt die friedfertigen Aliens mittels Lobotomie in niedliche kleine Äffchen, verkauft sie und scheffelt so ein bisschen Kohle. Ach, Millers goldener Humor war damals noch intakt. Aber dann kam Phase 3, die „Post 9/11“-Phase. Miller war danach zwar immer noch auf dem Entwicklungsstand von Phase 2 (wenig Subtanz, volle Kanne Provokation), aber jetzt machte er das mit depressiver Verbitterung, was man spätestens mit Holy Terror und seinem Rant gegen „Occupy Wallstreet“ deutlich erkennen konnte. Eigentlich waren Millers Comics ja in den 90ern schon mies, gleichzeitig war Miller aber auch ein Meister der Selbstinszenierung. Sein Tales to Offend funktioniert in seiner absoluten Untragbarkeit sogar ähnlich wie Böhmermanns Schmähgedicht vom letzten Jahr: Wer zuerst beleidigt ist, verliert. Und zeichnerisch war Miller nie näher an seinem Vorbild Will Eisner als in Tales to Offend.

Niklas: Wegen Wolfenhain habe ich fast eine Woche meines Leben verloren. Ich bewegte mich wenig, aß noch weniger und ging erst kurz vor Morgengrauen ins Bett. Es gibt einfach so viel zu tun, all diese Nebenquests müssen erledigt werden, damit ich stärker werde, um eine Chance im Finale zu haben. Aber eigentlich ist das zweitrangig, denn in Wirklichkeit möchte ich einfach mehr über die Welt erfahren. Es ist eine vergleichsweise große Welt, die Hobbyprogrammierer real_Troll auf Basis der Rollenspielsoftware RPG Maker kreiert hat. Eine Welt, in der germanische Sagen, Mythen der alten Griechen und die Märchen der Gebrüder in einen Topf geworfen werden und gut zueinander passen.

wolfhain

Es ist eine Welt, die ein alternder Abenteurer mit dicker Wampe, ein fanatischer Paladin und eine lebenslustige Hexe versuchen vor Untoten zu beschützen, während sie allerlei bizarre Abenteuer erleben, die sie an seltsame Orte führen. An sich ist es eine düstere Geschichte, die da erzählt wird, aber wie zum Beispiel Franz Kafka hat real_Troll Sinn für Humor. Nur erlaubt er sich im Gegensatz zu Herrn Kafka sehr alberne Scherze, die dem Spiel wieder eine gewisse Leichtigkeit geben, die es sehr bereichern.

Wer Wolfenhain spielt sollte für die nächsten Wochen beschäftigt sein. Das liegt nicht nur an der beeindruckenden Dichte der Aufgaben, sondern auch daran dass die Kämpfe taktisch sind und das Gameplay um einige Rätsel bereichert wird (die echte Kopfnüsse sein können). Ich kann es nur noch einmal betonen: Wolfenhain ist ein langes Spiel UND kostenlos. Wer dann noch Grafiken mag, die an Spiele aus der SNES-Ära erinnern, wird sich in der fiktiven Welt sowieso wohl fühlen. Und dann sind wieder 50 schlaflose Stunden rum. Das passiert so schnell. Hier kann die Vollversion heruntergeladen werden. real_Troll möchte aber noch eine gepatchte Version herausbringen, da einige Fehler aufgetaucht sind.

Max GoldtStefan: Die Texte von Max Goldt sind die besten legalen Stimmungsaufheller, lobte Literaturkritiker Denis Scheck sinngemäß in seiner ARD-Sendung „Druckfrisch“. Diesem Lob schließe ich mich an und empfehle Lippen abwischen und lächeln: Die prachtvollsten Texte 2003 bis 2014, das aktuellste Best-of von Max Goldt. Schön gebunden, Schutzumschlag und Lesebändchen sind Zeichen äußerlichen Stils, die fein herausgearbeiteten Texte wie gewohnt klug beobachtet, lassen Raum für persönliche und ernstere Momente und die lauten Lacher bleiben nicht aus, weshalb ich im Moment in der Straßenbahn wohl etwas verhaltensauffällig bin. Wer die Kolumnen bereits kennt, wird trotzdem Neues entdecken, so etwa bei der überarbeiteten Reisereportage aus dem so krampfhaft um Aufmerksamkeit buhlenden Katar. Max Goldt ist der beste deutsche Humorist, den dieses Land vorweisen kann und mein Lieblingsschriftsteller. Unbedingt lesen. Gerne auch den Best-of-Band Für Nächte am offenen Fenster.

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Währenddessen … (KW 43)

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imgChristian: Die Welt im Rücken. Nachdem ich zunächst Zeitungsartikel und Interviews zu Thomas Melles neuem Buch gelesen hatte, bin ich richtig neugierig geworden auf diese autobiografische Beschreibung von Melles bipolarer Störung (vulgo: manische Depression). Eine Enttäuschung leider, denn das, was sich auf einer großformatigen Zeitungsseite hervorragend zusammenfassen lässt, trägt nicht über 300 Seiten. Ab Seite 140 war querlesen angesagt. Zu viele Redundanzen, zu viel Namedropping und einfach zu wenig Interessantes, was die Person Thomas Melle zu bieten hat.

Einen wirklich mitreißenden Beitrag zum Thema Bipolarität hat dagegen Jeffrey Eugenides (The Virgin Suicides, Middlesex) vor einigen Jahren mit dem Roman Die Liebeshandlung verfasst. Dieser Roman handelt von einer Dreiecksbeziehung, in der die buch-die-liebeshandlung-jeffrey-eugenidey_v650xxStudentin Madelaine sich zwischen dem soliden Mitchell und dem genial-verrückten, leider auch manisch-depressiven Leonard entscheiden muss. Der Roman ist brillant geplottet, und Leonard ist mir als eine der interessantesten Figuren in Erinnerung geblieben, die mir bisher in einem Roman begegnet ist. Sein Selbstversuch, sich selbst medikamentös einzustellen, so dass seine Genialität erhalten bleibt, die Krankheit aber dennoch unter Kontrolle ist, ist einfach hochspannend. Romankunst vom Feinsten, gegen die Melles eher eindimensionaler, wenn auch biografisch beglaubigter Ansatz nicht ankommt.

Daniel: Eine Beziehung. Das bedeutet Vertrauen, Liebe, Kompromisse und natürlich auch Sex. Keine Beziehung ist wie die andere, und keine ist einfach. Dennoch hat Joe Swanberg (VHS, Drinking Buddies) seine episodische Netflix-Serie über Beziehungen Easy genannt. In acht Folgen erzählt er Alltägliches. Seine Paare beschreiben eindrücklich, wie es sich anfühlt, wenn man das sexuelle Interesse am Partner verliert, oder glaubt, auch dessen Interessen lieben zu müssen. Es sind aber keine tragischen Hollywood-Geschichten. Easy lebt von den einigermaßen normalen Menschen, die sich unterhalten, aber nicht verstehen. Die miteinander schlafen, sich aber nicht lieben. Und wie im richtigen Leben steht immer etwas im Weg.

Easy überzeugt, weil beim Zuschauen das „In meiner Beziehung laufen Dinge ähnlich ab“-Gefühl erzeugt wird. Schade, dass gerade die Folge über autobiografische Comics etwas überzogen wirkt. Trotz den Zeichnungen von Jeffrey Brown und eines Gastaufritts von Chris Ware bleibt die Folge an der Oberfläche. Die Beziehung muss der Diskussion über das Autobiografische weichen. Noch habe ich die Folge mit Orlando Bloom nicht gesehen. Hoffentlich versaut mir Legolas am Ende die Serie nicht.

Update: Legolas hat’s natürlich versaut.

Christian: Im Preacher-Heft 18 von 1996 fand sich folgender Leserbrief, in dem es um Steve Dillons Darstellung einer Katze geht: „Hey Leute, Ihr könnt noch so talentiert und kunstfertig sein, aber Steve kann einfach ums Verrecken keine Katzen zeichnen. Was zum Geier soll das sein? Ein Foxterrier? Tiermetaphorische Darstellung von weiblicher Sexualität? Rorschach-Test? Das Schreckgespenst vom kleinen Steve? Schlechtes LSD?“

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Garth Ennis kommentierte den Brief auf seine unnachahmliche Art: „Steve hasst es, Tiere zu zeichnen. Du kannst dir also vorstellen, wie viel Spaß es ihm gemacht haben muss, über ein Dutzend Animal Man-Hefte zu zeichnen. Aber in allem anderen ist er so gut, dass wir an dem Katzending mal höflich vorbeischauen können.“

Leider wird Steve Dillon nie wieder Katzen zeichnen. 54 Jahre ist der geniale Bildererzähler nur alt geworden. (Alle Bilder aus Preacher Nr. 14, © Steve Dillon, Garth Ennis, DC Vertigo.)

Frauke: Vor kurzem war ich in Manchester auf der 6. QEDcon. Hintergrund dieser Konferenz ist die kritische Auseinandersetzung mit Pseudo- und Parawissenschaften. Einer der Vortragenden war der brillante Captain Disillusion, der seit acht Jahren auf YouTube Fake-Videos und Internet-Hoaxes aufdeckt. Das macht er auf eine sehr charmante, spielerische Art, erklärt aber gleichzeitig, wie das analysierte Video technisch zustande gekommen ist. Insofern ist seine Arbeit sicherlich auch interessant für alle, die sich generell für Videotechnik interessieren. Seit kurzem ist Captain Disillusion auf Patreon über seine anvisierte Marke von 4000 USD im Monat gekommen, so dass er sich nun hauptberuflich an eine regelmäßige monatliche Umsetzung seiner aufwendigen Videos machen kann. Hier ein Beispiel über ein Armband, das angeblich eine funktionierende Smartphone-Oberfläche auf den Arm projiziert und für das mehr als 500.000 USD über Crowdfunding und von Investoren gesammelt wurde (das Geld ist für die Finanzierer übrigens futsch – wenn nicht doch per Wunder das Armband wie versprochen Ende 2016 ausgeliefert wird –, da es über eine private Website eingeworben wurde und in deren AGBs jedwede Rückzahlung ausgeschlossen wird):

Stefan: Diese Woche habe ich das neueste Heft von Weissblech Comics gelesen. Auch wenn es schon deutlich stärkere Horror Schocker gab, hat mir Heft 44 wieder angenehme Horror Schocker 44Zerstreuung geboten. Drei Kurzgeschichten finden sich im Heft. Alle bräuchten mehr Seiten und würden von aufwändigerer Kolorierung und sorgfältigeren Zeichnungen profitieren, aber so sind es die Stammleser dieser Hefte gewohnt. Die Titelstory „Die Schwimmstunde“ führt uns an ein gruseliges Haus am See, das für ein Kindheitstrauma des Protagonisten gesorgt hat. Im Erwachsenenalter besucht er es erneut, erinnert sich an seinen strengen Großvater und will endlich ergründen, was es mit dem kleinen Teich nahe des Gebäudes auf sich hat. Eine Atmosphäre wie aus einem Werk von Edgar Allan Poe. „Bleib wie du bist!“ führt uns in einen Club, in dem eine junge Frau erst angeflirtet und dann in große Schwierigkeiten kommt. Wären die Zeichnungen etwas detaillierter und „filmischer“ koloriert – diese Geschichte könnte glatt zur TV-/Comic-Serie Lucifer passen. In „Ein Männlein steht im Walde …“ wird ein Pornodreh im Wald zum Splatter-Desaster. Gerade die letzte Story überzeugt durch Humor, ansprechende Bilder und eine pointierte Erzählweise. Drei Mal Horror in sehr unterschiedlichen Spielarten. Ein wenig ist jeder neue Hammerharte Horror Schocker eine bunte Tüte kurzweiliger Comickurzgeschichten aus Deutschland.

Niklas: Dave Lister ist vielleicht der letzte Mensch im Universum und er versucht, mit dem riesigen Raumschiff Red Dwarf zur Erde zurückzukehren. Seine einzigen Begleiter sind der Nachfahre seiner Katze, ein neurotischer Droide und ein Hologramm seines Erzfeindes. Zum Glück ist er die Hauptfigur in einer Comedy-Serie, ansonsten würde er es wohl nicht lange machen. Die Science-Fiction-Comedy-Serie Red Dwarf wurde mir von einem Freund empfohlen und brachte mich einige Male gut zum lachen. Zeitreisen, Paralleluniversen, fremde Kreaturen, Schauspieler die sich wirklich in ihre Rolle einleben; Red Dwarf hat alles, was zu guter Science-Fiction dazu gehört und ich verstehe, warum die Serie bis heute so viele Fans hat. Ist jede Staffel gut? Nein, aber da sie meistens nur sechs Episoden haben, muss ich auch nicht lange leiden. Aber wenn eine Folge gut ist, dann ist sie richtig gut (ich kann alle Folgen von Staffel 5 empfehlen). Dann vermischen die Autoren absurde Dialoge mit philosophischen Betrachtungen über die Bedeutungslosigkeit des Universums, was mir als altem Zyniker immer zusagt. Am meisten wird mich aber immer die Prämisse der Serie faszinieren. Spätestens mit Aliens wussten wir, wie bedrückend Raumschiffe sein können, aber als letzter Mensch in einem zu leben, macht es gleich noch unheimlicher. Wahrscheinlich würde jeder es irgendwann wie Dave Lister machen und Gespräche mit dem Toaster führen. Die wären dann aber bestimmt nicht halb so amüsant, wie es die Serie darstellt.

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Währenddessen … (KW 45)

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In der Kolumne „Währenddessen …“ zeigt die Comicgate-Redaktion, was sie sich diese Woche so zu Gemüte geführt hat.

Daniel: Hat man erstmal den Dauerauftrag für Netflix eingerichtet, heißt es, chillen. Bei mir sieht das anders aus. Ich will wissen, wann welcher neuer Film erhältlich ist und wann welche Serie aus dem Programm fällt, damit ich zumindest vorher noch den Pilot gucken kann. Dazu stehen mir zum Glück die Suchmaschine Just Watch und die Listen von Lifehacker zur Seite. Jetzt weiß ich zumindest, was wann auf welchem Streaming-Dienst kommt und wann nicht mehr. Die Auswahl bleibt trotzdem mir überlassen. Und so vielfältig finde ich die wiederum nicht. Als sogenannter early adopter muss ich stets alles als erster sehen. Gibt es eine neue Rittersport mit Einhörnern, muss ich sie probieren. Genau so ist das auch mit Serien. Aus diesem Grund habe ich den Pilot zur neuen Netflix-SciFi-Serie The Expanse angesehen.

Der Weltraum, unendliche Weiten. Der Trailer zum Pilot verrät, dass die UN die Erde und den Mond regiert und die militärische Kolonie auf dem Mars sich abgespalten hat. Das politische Pulverfass zwischen den Planeten wird auf dem Rücken der sogenannten Belter ausgetragen, die in der Umlaufbahnen von Planeten wichtige Rohstoffe abbauen. Hört sich alles ein bisschen wie Babylon 5 an, aber ohne die vielen Rassen, die sich Michael J. Straczynski bei Star Trek geborgt hat. Die Optik ist natürlich wesentlich opulenter als die komisch gerenderten Aussenansichten bei Babylon 5. Viel Liebe ist in die Gestaltung der Raumschiffe geflossen. Auch die Settings sind schön gestaltet, doch fragt man sich, ob diese CGI-Kulissen ein weiteres Mal benutzt werden. Oder rechnet der Computer die Bar auf der Raumstation nur für eine Folge aus und danach ist sie nie wieder zu sehen? Babylon 5 wirkt aus heutiger Sicht altbacken, was die Technik angeht, doch stimmt das diplomatische Spiel, das ewige Hin und Her zwischen den Rassen, auch wenn das schauspielerisch manchmal etwas hölzern wirkt. Die Story von The Expanse ist in den ersten zwei Folgen auf drei Handlungsstränge begrenzt: Ein bisschen Alien, ein bisschen Bladerunner und ein bisschen Star Trek. Diese Stränge müssen zusammenlaufen. Aber das hat bei Babylon 5 auch mehrere Staffeln gedauert. Also verschiebe ich mein Urteil.

Daniel: Manchmal ist es mir fast lieber, wenn ich weiß, dass alles nur Fassade ist. Vor ein paar Jahren war ich in den Warner Bros. Studios in L.A. und auch am Set von Friends und den Gilmore Girls. Dort wurde mir und meiner Freundin bewusst: Stars Hollow ist nur Fassade. Ja, so ist es, die Kleinstadt der Gilmores ist recht zweidimensional. Der Gazebo kann zum Whirlpool umgedreht werden, Dean wohnt in einer Fassade und die Kirche ist von der andere Seite die Schule und von der anderen Seite das Rathaus. Und trotzdem füllt sich die Serie mit Leben. Die Art und Weise wie sich die Gilmores unterhalten, lässt vergessen, dass es eine Serie für ein eher weibliches Publikum ist, lässt vergessen, dass alles nur Fassade ist. Es ist egal, weil die Dialoge so wundervoll sind, dass man sich reinlegen möchte. Weil sie eine wahnwitzige Geschwindigkeit haben, weil so viel Humor in ihnen steckt und weil die popkulturelle Anspielungen sich passgenau einfügen. Aber auch hier frage ich mich, ob sich Netflix einen Gefallen mit den neuen vier Folgen tut.

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Währenddessen … (KW 48)

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Daniel: Mein Lieblingsvideospiel? Ganz klar, Final Fantasy Tactics. Ich mag die niedlichen Figuren, die vorhersehbare Story, die Entwicklungsstufen der Figuren und vor allem mag ich das rundenbasierte Kampfsystem. Es gibt mir genügend Zeit, die nächsten Spielzüge zu durchdenken. Aus diesem Grund habe ich vor ein paar Jahren den Kickstarter Unsong Story unterstützt. Auf das Spiel warte ich noch immer. Um die Wartezeit etwas zu verkürzen, habe ich mir ein anderes JRPG gekauft: Valkyria Chronicles. Das Japanese RolePlaying Game spielt in einem alternativen Europa zur Zeit des zweiten Weltkriegs. Ost kämpft gegen West. Dazwischen liegt das neutrale Fürstentum Gallia, dessen Miliz der Spieler steuert. Und bei der Steuerung fangen meine Probleme an: Es gibt zwar ein rundenbasiertes Kampfsystem, aber die Aktionen der Figuren werden nicht auf Spielfeldern ausgetragen, sondern in einer 3D-Landschaft. Ich kann mich also nicht 5 Felder weit bewegen, sondern kann meine Figur solange steuern bis ihr die Stamina ausgeht. Ein komisches System. Doch das eigentlich Problem des Spiels ist seine Ähnlichkeit zur Historie des Zweiten Weltkrieges. Die niedliche Figuren reden über die schöne Zukunft und das Brotbacken, bevor sie Gegner mit Headshots erledigen. Das bedrückende Gefühl wird durch den Auftritt der Darcens, einer Volksgruppe, verstärkt. Sie stellen eine direkte Analogie zu den Juden im zweiten Weltkrieg. Das Spiel bemüht sich nach Leibeskräften, Mut, Freundschaft und Gerechtigkeit gegen das menschenverachtende Verhalten gegenüber den Darcens ins Feld zu führen. Aber Geschichten übers Brotbacken können das menschliche Versagen, nicht kritisieren, wenn immer wieder Panzer, MGs und Granaten durchs Bild fliegen. Es passt einfach nicht zusammen. Valkyria Chronicles ist ein komisches Spiel. Zum Glück gibt es Final Fantasy Tactics jetzt für Android und iOS.

Christian: Kein Netflix bei mir, ich konsumiere immer noch DVDs. Kürzlich lief bei mir die erste Staffel von American Horror Story, eine Serie, die Kollege Benjamin schon mal als toll inszeniert, aber eher schräg bezeichnet hat. Sehe ich ähnlich. Und wieder muss ich sagen: Sowas wäre früher wohl ein Vertigo-Comic gewesen. Sämtliche Horrorklischees der letzten 30 Jahre in einen Topf zu werfen und daraus eine Serie mit Cliffhangern zu machen steht nun mal in der Tradition von Serien wie Swamp Thing, Hellblazer, House of Secrets oder House of Mystery. Wie in den letztgenannten House-Serien des DC-Universums geben sich in American Horror Story die Geister die Klinke in die Hand und stolpern sich mitunter fast gegenseitig über die american-horror-storyFüße. Trotzdem sind die diversen Subplots der American Horror Story tragfähig genug, mich bei der Stange zu halten, allen voran die geschickt konstruierte Story um einen Schul-Amokläufer. Respekt verdient auch das Selbstvertrauen, mit dem die Verantwortlichen die Erzählbausteine bekannter Horrorfilme neu zusammensetzen in der Überzeugung, dass man das in der vorliegenden Form noch nicht präsentiert bekommen hat. Stimmt ja auch. Die Herangehensweise ist im besten Sinne modern und auch das Erkennen zugrunde liegender Erzählmuster macht Spaß. Aber für eskapistischen Nerd-Spaß ist die Story zu deprimierend.

Die Anleihen an The Amityville-Horror sind natürlich unübersehbar – eine der wenigen Filmreihen übrigens, bei denen das Sequel besser ist als der Originalfilm. Bei keinem Horrorfilm hatte ich je so viel Schiss wie bei Amityville 2 – The Possession (Regie: Damiano Damiani). Die amityvilleerste Hälfte des Films, in der ein Junge von den Hausgeistern dazu gedrängt wird, seine eigene Familie umzubringen, ist konsequent subjektiv aus der Sicht des Jungen inszeniert, so dass es, je nach Blickwinkel, auch eine Psychose sein könnte, die in einer Tragödie endet. Das macht aus Amityville 2 einen verstörend psychologischen Film. In der zweiten Hälfte kippt der Film dann leider und wird unrealistisch: Der Junge kommt nach seiner Bluttat vor Gericht und am Ende stellt sich heraus, dass der Bub von einem besonders fiesen Dämon geritten war und ergo schuldunfähig. Dieses schiefe Crossover zwischen Psycho-Horror, Gerichtsfilm und Exorzistenquatsch ist unbedingt sehenswert. Eine echte Perle.

Und bei welchem Horrorfilm habt ihr euch, liebe Leser, mal so richtig gefürchtet?

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Währenddessen … (KW 49)

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Christian: Der neue Jugendmedienschutz-Report ist da. Darin findet sich unter anderem ein fünfseitiger Artikel zur Aufhebung der Indizierung des Films Tanz der Teufel. Aber wie konnte die BpjM diesen Beschluss überhaupt fassen? Der Film war ja nicht nur indiziert sondern beschlagnahmt und damit auch strafrechtlich relevant. Aber da die Beschlagnahme kürzlich verjährte und kein Folgeantrag gestellt wurde, trat die „Prüfungskompetenz der Bundesprüfstelle“ wieder in Kraft. Dennoch gab es auch vom zuständigen Amtsgericht eine Stellungnahme.

Das Amtsgericht Tiergarten in Berlin begründet die Aufhebung der Beschlagnahmung damit, dass „der Film nach heutigen Maßstäben mangels gewaltverherrlichenden Inhalts nicht gegen §131StGB [verstoße]“. Der fundamentale Wert- und Achtungsanspruch, der jedem Menschen zukomme, werde durch den Film nicht geleugnet. Stattdessen handle es sich bei den handelnden Menschen um „komplexe, von schmerzhaften Gefühlen durchdrungene Personen“. Davon, dass Zombies „menschenähnliche Personen“ seien, ist dagegen an keiner Stelle die Rede.

Im Zuge dieser Freisprechung folgte von der Rechteinhaberin des Films ein Antrag auf Listenstreichung vom Index der BPjM, der durch ein Privatgutachten gestützt wurde, in dem unter anderem darauf eingegangen wird, dass es sich bei dem Film um ein Kunstwerk von „überragender Bedeutung“ handelt und dass die überzeichneten Gewaltdarstellungen durch die Medienkompetenz moderner Jugendlicher „leicht als aufgesetzt und irreal identifiziert werden“ könnten. Dieser Sichtweise folgte das 12er-Gremium der BPjM, das sich den Streifen noch einmal in voller Länge gab: „Die Voraussetzung für eine Aufnahme [in die Liste der BPjM] liegen […] nicht mehr vor, wenn aufgrund eines nachhaltigen Wertewandels oder neuer Erkenntnisse aus der Medienforschung ausgeschlossen werden kann, dass die betreffenden Medieninhalte weiterhin geeignet sind, Kinder und Jugendliche in ihrer Entwicklung oder Erziehung zu gefährden. Die Bundesprüfstelle darf an einer tief greifenden und nachhaltigen Änderung dieser Anschauung nicht vorbeigehen, sofern der Wandel nicht lediglich vorübergehenden Charakter trägt.“

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Nicht mehr im Würgegriff des Jugendschutzes.

Hat sich eben doch einiges verändert seit den 80ern. Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie damals auf dem Pausenhof hinter vorgehaltener Hand über Mitschüler geredet wurde, die diesen Film hatten, „so hart, dass er sogar verboten ist“. Ansehen war also buchstäblich ein Flirt mit dem Bösen, die seelische Traumatisierung wurde sehenden Auges in Kauf genommen. Aber erstens sind junge Leute ja schon immer vogelwild und wissen alles besser und zweitens ist dieser Evil Dead-Film ja tatsächlich nicht so wahnsinnig schlimm. Aber er ist eben auch noch nicht so infantil und betont lustig wie die Folgeteile. Tatsächlich ist der erste Evil Dead ein ganz schön gruseliges und auch ziemlich sehenswertes kleines Filmchen. Meiner Meinung nach neben The Gift Sam Raimis bester Film.

Daniel: Nachdem mich Valkyria Chronicles nicht wirklich glücklich gemacht hat, habe ich nun passenden Ersatz gefunden: Steamworld Heist ist genau das rundenbasierte Computerspiel, nach dem ich so lange gesucht habe. Roboter fliegen durchs Weltall und werden mit Dampf angetrieben. Einer bis vier von diesen liebenswerten Blechautomaten werden vom Spieler gesteuert, während sie wie Robin Hood die Raumschiffe der bösen Fieslinge überfallen. Die kleine Narration, die die einzelnen Episoden zusammenhält, ist wirklich herzlich geschrieben und wird durch feinsten Bluegrass-Soundtrack unterstützt. Aber den Takt geben die Knarren der Roboter vor. Abwechselnd lenkt man jeden Roboter durch die feindlichen Raumschiffe – bevor der Computer seinen Zug macht. Mit dem Finger auf dem Touchpad und am Abzug gleichzeitig, lässt sich das Ziel des Rakentenwerfers, Revolvers oder MGs festlegen und abfeuern. Die Missionen sind unterschiedlich genug geschrieben, um nicht langweilig zu werden und haben einen angenehmen Schwierigkeitsgrad. Auf dem iPad ist Steamworld Heist World der perfekte Begleiter.

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Währenddessen … (KW 50)

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coverChristian: Ich lese gerade die ersten Punisher-Stories aus den Siebzigern, die Marvel in dem preisgünstigen Essential-Sammelband nachgedruckt hat. Damals bestimmte ja noch der Comics Code, was in amerikanischen Heftchen statthaft war und was nicht; es war aber auch schon die Zeit, in der der Code aufgeweicht wurde, was Figuren wie den Punisher ja erst möglich machte. Einige der frühen Stories erschienen sogar ohne Code-Approvement, was den Autoren die Möglichkeit gab, die Härte des 70er-Jahre Kinos auch einmal ins Comic zu übertragen. Es dürfte ein ziemlicher Befreiungsschlag gewesen sein. Im Marvel-Super-Action-Heft Nr. 1 lässt sich Frank Castle sogar eine Prostituierte ins Haus kommen. Es machte wirklich fast punisherden Anschein, als wären mit einem Mal alle Tabus gefallen. Aber ganz so weit wollte man auch im Erwachsenencomic dann doch nicht gehen.

Zunächst erblickt die Dame Franks Punisher-Gewand, das wie zufällig herumliegt, so dass Frank sich erst mal erklären muss. Das bietet Gelegenheit, die Punisher-Origin-Story nachzuerzählen und hält vor allem auch die Situation mit dem Callgirl ziemlich lang in der Schwebe. Die Pointe der Story ist, dass die Dame sich als Killerin entpuppt. Frank hat sie nur kommen lassen, um durch seine offene Aussprache eine Attacke zu provozieren und sie dann abzuknallen. Im Grunde eine raffiniert konstruierte Story, die die Rahmenhandlung mit der Origin-Story des Punishers verschränkt, aber auch ein klarer Beleg, dass Selbstjustiz in amerikanischen Stories absolut konsensfähig ist, Sex mit Nutten aber selbstverständlich ein No-Go bleibt – so outside of society ist auch der Punisher nicht.

Aber Prostituierte zeichnen wollen sie natürlich schon, die Marvel-Künstler; und Prostituierte angucken wollen die jugendlichen, männlichen Leser auch, und solange Frank Castle mit der Knarre die Ordnung aufrechterhält bevor etwas Schlimmeres passiert, bleibt die moralische amerikanische Comicwelt völlig mit sich im Reinen. Da braucht es keinen Comic Code. Das ist verinnerlicht.

Daniel: Die Fernsehserie Westworld soll HBOs nächster Hit werden. Mit dem Remake als Serie, basierend auf Michel Crichtons gleichnamigen Buch bzw. Film aus dem Jahr 1973, soll an Erfolge wie Die Sopranos und den bald auslaufenden Fantasyepos Game of Thrones angeknüpft werden. Der Pilot, der Western-Sci-Fi-Serie um Billy und Dolores hat mich auch wirklich vom Hocker gerissen. Welch gelungene Erzählung! Doch bei jede weitere der zehn Folgen von Westworld war ein Schritt zurück. Ein Rückschritt für das zeitgenössische Erzählen in Serie. Das wirklich spannende Thema von Westworld, nämlich die Frage nach der Legitimität von der Erschaffung künstlicher Intelligenz und der menschlichen Moral, gerät in den Hintergrund.

Dazu ein kleines Gedankenexperiment: Welche Folge von Westworld habt ihr als letztes gesehen?

Mit ziemlich großer Sicherheit werdet ihr eure Antwort an einem sogenannten Cliffhanger festmachen: Die Folge, in der herauskam, dass Mensch Z und Roboter Y überraschenderweise zusammen X gemacht haben. Es sind diese Cliffhanger, die uns in Erinnerung bleiben, da sie wichtige Zäsuren in der Narration beschreiben. Das alleine ist noch kein Problem. Zu einem Problem wird es aus meiner Sicht, wenn das eigentlich Thema hinter jedem Cliffhanger unterzugehen droht. Genau das passiert bei Westworld: Wenn interessiert noch das Labyrinth aus Fragen, wenn die Antwort, welcher Mensch in Wirklichkeit ein Roboter ist, so viel verlockender klingt. Mit jeder Folge von Westworld wird der Einfluss der Cliffhanger stärker. Nicht das Thema sondern die Sensationslust regt zum Weiterschauen an. Der eigentliche Hype um Fernsehserien, die Stilisierung zu ach so hochwertigen Erzählformen, ist das Problem, dass aus interessanten Serien wie Westworld wieder leicht konsumierbare Produkte macht. Die Serie selbst wird zum Themenpark, den sie porträtiert, der mehr auch cheap thrills als auf Charakterentwicklung angelegt ist. Schade eigentlich, dass narrative Errungenschaften wie Twin Peaks immer weniger Auswirkungen auf die Produktion von aktuellen Serien haben. Aber dafür ist das Intro von Westworld großartig – inklusive Titelsong.

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Währenddessen … (KW 51)

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Daniel: Wenn man mit Erkältung auf dem Sofa liegt, lässt sich eine Serie schnell mal am Stück gucken. Habe ich mit The OA von und mit Brit Marling gemacht. Bis zum Samstag wusste ich weder von der Serie noch von der Schauspielerin. Doch auf einer Feier am Samstag – auf der ich mir auch die Erkältung eingefangen habe, wurde mir davon erzählt. Von Marlings Film Another Earth und von der spannenden Prämisse der neuen Netflix-Serie: Eine junge Frau (Marling) taucht auf nach sieben Jahren Abwesenheit wieder auf. Wem wird sie von den Ereignissen, die zu ihrem Verschwinden geführt haben, erzählen? Einer ausgewählten Gruppe von fünf verschiedenen Menschen – und den Zuschauern. Alle werden an Marlings Lippen hängen, denn The OA handelt auch vom Geschichtenerzählen. Das merkt man schon an der Tatsache, dass erst 15 Minuten vor dem Ende des Pilots das eigentliche Intro beginnt. The OA bewegt, anders als ich es mir vorgestellt habe. Schaut den Trailer besser nicht an, schaut die Serie!

Brit Marling

Brit Marling – Hauptdarstellerin und Co-Autorin von The OA


Andi
: Im Kino läuft momentan Arrival, eine Art smartes Gegenstück zur Independence Day-Knallerei und ähnlichen Invasion-aus-dem-All-Reißern. Hier liegt das Schicksal der Welt angesichts der Landung außerirdischer Flugobjekte in den Händen einer Linguistin (!) und das Militär ist eher ein Störfaktor. Basierend auf einer Kurzgeschichte von Ted Chiang liefert Regisseur Denis Villeneuve spannendes und zugleich philosophisches Science-Fiction-Kino und findet großartige Bilder für den Kontakt mit einer außerirdischen Kultur! Das lässt für die von ihm gedrehte Blade Runner-Fortsetzung, Blade Runner 2049, schwer hoffen.

Daniel: Nachdem es von Blade Runner 2049 bisher nur ein lustiges Bild vom Dreh gab – das einer Granufink-Werbung ähnelt – kann man nun auch den ersten Teaser Trailer sehen.

Daniel: Mit den acht Folgen von The OA bin ich durch und beginne mit Dirk Gently’s Holistic Detective Agency. Ich kann nicht wirklich ein Urteil zu der Netflix-Adaption von Douglas Adams Romanserie treffen, da ich nur drei Folgen gesehen habe. Lang ist es auch her, dass ich Adams‘ The Long Dark Tea-Time of the Soul gelesen habe. Aber ich weiß, dass Elijah Wood da nicht drin vorkam. Bin mir aber ziemlich sicher, dass die Autoren haben aus Adams charmantem Detektiv einen Quatsch gemacht haben. Gucke mir das nicht weiter an. Lese jetzt noch mal Douglas Adams Bücher.

Gerne würde ich mehr Serien vorstellen, die nicht von Netflix sind. Aber Amazon Prime und HBO kommen gerade nur schleppend mit guten eigenen Serien nach. Ich warte zum Beispiel lange auf die Fortsetzung von Man in the High Castle und die zweite Folge von The Interestings. Und kann mir jemand sagen, wo ich TBS The Search Party regulär gucken kann?

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